Redebeitrag von der Initiative 19. Februar Hanau

Mein Name ist Cetin Gültekin und ich bin von der Initiative 19. Febraur Hanau. Wir trauern und erinnern uns. An Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin.

Die Namen der Opfer unvergessen machen. Ihre Namen sollen erinnern und mahnen, den rassistischen Normalzustand im Alltag, in den Behörden, den Sicherheitsapparaten und überall zu beenden. Der rassistische Anschlag war auch ein Ergebnis der rechten Hetze von Politiker:innen, Parteien und Medien. Behörden und Sicherheitsapparate haben ihn durch ihre strukturelle Inkompetenz und Ignoranz weder verhindert noch aufgeklärt.


Wir wünschen uns nicht nur Beistand in der Trauer. Wir wollen mit euch
gemeinsamen Druck entwickeln, um unsere Forderung durchzusetzen. Eine bittere Erkenntnis des letzten Jahres ist, dass all das was in Bewegung geriet, nur durch uns alle gemeinsam in Bewegung gesetzt worden ist.


Auch im 15. Monat nach der Tat kommt von Politik, Behörden und Polizei – Nichts! Niemand übernimmt Verantwortung für zumindest einzelne Teile und Fragen in der Kette des Versagens, die wir kurz vor dem ersten Jahrestag nochmals ausführlich dargestellt hatten.
Wenn nicht die Angehörigen und Überlebenden selbst ermittelt und in die Öffentlichkeit gegangen wären, würde bis heute kaum jemand etwas wissen zu den Fehlern und Unterlassungen im Vorfeld der Tat sowie über den rücksichtslosen Umgang mit den Betroffenen in der Tatnacht und danach.

Nur drei Beispiele: Niemand wüsste und niemand würde ermitteln zum verschlossenen Notausgang in der Arena-Bar – wenn nicht die Familien eine Anzeige gestellt hätten. Niemand würde wissen, dass der Notruf bei der Hanauer Polizei nicht funktioniert hat und deshalb Vili Viorel Păun nicht gewarnt und gerettet und eventuell sogar die Morde am zweiten Tatort hätten verhindert werden können – wenn es die Angehörigen nicht in die Medien gebracht hätten. Niemand hätte etwas über falsche oder gar gefälschte Obduktionseinwilligungen erfahren – wenn es die Hinterbliebenen nicht zum Thema gemacht hätten.

Die Betroffenen haben gemeinsam mit Anwält:innen und Unterstützer:innen mit endlosen Briefen und Einreichungen, mit Strafanzeigen und Pressemitteilungen, mit Interviews und auf Kundgebungen zur Sprache gebracht, was die Verantwortlichen einfach nur totschweigen und aussitzen wollten. Längst hätten sie jedenfalls zu einzelnen Aspekten Auskunft geben, hätten sich für offensichtliche Fehler entschuldigen können und zumindest ernsthafte Gespräche anbieten müssen. Stattdessen bleibt es bei Beileidsfloskeln und der Vorstellung, dass die Angehörigen und ihre Unterstützer:innen müde werden und erschöpft aufgeben.


Wir müssen Bedingungen des rechten Terrors benennen und den andauernden rassistischen Normalzustand anklagen. Es sind diese fließenden Formen rechten Terrors, die in den Handlungen Einzelner ihre mörderische Zuspitzung und Folge finden und damit niemals Einzeltaten sind.

Schluss damit! Damit wir keine Angst mehr haben müssen, muss es politische Konsequenzen geben. Rassismus, egal in welcher Form, darf nicht mehr geduldet, verharmlost oder ignoriert werden.


Wir sind vernetzt mit allen, die wissen und begreifen, dass Rassismus das Problem ist. Wir sind Berlin-Neukölln, Halle, Köln, Nürnberg, Mölln, Kassel, Wächtersbach. Genauso sind wir Wiesbaden, Offenbach, wir sind Frankfurt Merseburg und Hamburg. Wir sind Kesselstadt, das JUZ, die Initiative 19. Februar Hanau und viele mehr.


Wir stehen zusammen und kämpfen gemeinsam.
Gegen die Angst. Für das Leben.