Einleitung: Am 13.4.2018 wurde der 19-jährige afghanische Geflüchtete Matiullah Jabarkhel in Fulda vor seinem Flüchtlingslager erst durch fünf Polizisten verprügelt
und schließlich durch einen der Polizisten, der sein ganzes Magazin leer schoss, ermordet.
Hier folgt die Rede von Sarmina Stuman vom Afghan Refugees Movement, die jedes Jahr in Fulda zum Todestag auf die Straße gehen:
Vor bald sechs Jahren waren wir nach dem Tod von Matiullah das erste mal in Fulda, um uns ein Bild von der Lage zu machen und die afghanische Community zu unterstützen. Seit dem hat sich nichts geändert in Fulda. Jedes Jahr graut es uns davor erneut nach Fulda fahren zu
müssen und die meisten afghanischen Leute von damals sind bereits aus Fulda weggezogen. Denn in Fulda herrscht ein Rassismus vor, der es PoCs schwer macht es dort auszuhalten. So ist es nicht überraschend, dass auch nach dem Tod von Matiullah bis zum heutigen Tag, ein
Klima des Schweigens und der Unterdrückung in der Stadt bezüglich diesem Thema vorherrscht.
Matiullah ist 2015 vor dem NATO Krieg in Afghanistan geflohen, an dem auch Deutschland zwanzig Jahre lang beteiligt war. Dabei hat sich Matiullahs Familie auf die Seite der afghanischen Regierung und somit der ausländischen Einsatzkräfte in Afghanistan gestellt. Matiullahs Vater war Polizist und sein Bruder in der Armee. Sein Bruder starb bei einem Einsatz gegen die Taliban. Trotz dessen wurde Matiullahs Asylantrag in Deutschland abgelehnt und er entwickelte durch die unmenschliche Lagerunterbringung psychische Probleme.
Ohne nochmal auf alle Abläufe und Details einzugehen:
Er hätte am 13.4.2018 nicht sterben müssen. Punkt.
Doch wenn wir jetzt erfahren, dass beteiligte Polizistinnen den Tod von Matiullah für gut und gerechtfertigt halten und das in Verhören, die drei Jahre nach seinem Tod stattfanden, dann können wir nicht anders als von rassistischer Polizeigewalt in Matiullahs Fall zu sprechen. In diesen Verhören wird der 1,70m große und schmächtige Matiullah als wildes Tier beschrieben, dass die fünf Polizistinnen ihn nicht durch ihr verprügeln mit Schlagstöcken und Pfefferspray bändigen konnten, also mussten sie den unbewaffneten Matiullah erschießen. Logisch, oder?
Obwohl das Polizeirevier und somit Verstärkung nur drei Fahrminuten entfernt war und sie eindeutig mit der Situation überfordert waren, entschloss sich ein Polizist dazu Matiullah allein zu stellen. Trotzdem – Fall eingestellt, sagt die Staatsanwaltschaft. Es wurde genügend ermittelt, deshalb ist der Fall eingestellt. Polizisten sind keine Mörder und schon gar nicht rassistisch. Nicht wahr? Was nicht sein darf, darf eben nicht sein.
So stehen wir seit Jahren in Trauer allein, denn wenn die Staatsanwaltschaft sagt alles war korrekt, dann protestieren wir wogegen eigentlich? Nur gegen ein Gefühl, eine Vermutung, Indizien?
Vielmehr – gegen ein System!
Wir können dabei nicht gewinnen. Matiullah bleibt Tod. Alles was wir tun können ist erinnern. Unsere Erinnerung ist die Störung des Systems in Fulda. Des Rassismus der hier
auch in der Bevölkerung bisher so tief verankert ist, dass wir immer wie Verbrecherinnen behandelt wurden, wenn wir über einen Mord sprachen.
Das System muss sich ändern.
Abschließend bleibt nur nochmal zu betonen:
Matiullah hätte nicht sterben müssen.