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Redebeitrag von uns, der Kampagne “Kein Einzelfall”

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Redebeitrag der Kampagne gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus –Wir sind alle Linx – aus Sachsen

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Redebeitrag der Afghan Refugees Movement

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Grußwort des Solikreis Justice4Mouhamed aus Dortmund

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Redebeitrag der “Eltern gegen Polizeigewalt” aus Leipzig

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Redebeitrag des Solikreis Bilel aus Herford/ Bielefeld

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Redebeitrag des Solikreis 129a aus Frankfurt

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PM: Kein Freund, kein Helfer! Polizei abschaffen – Leben retten

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Lasst Jule in Ruhe!

Redebeitrag bei der Frankfurter Demo am 23.09.2023 anlässlich der wochenlangen Polizeischikane gegen Pressesprecherin und Genossin Jule

Nahezu täglich gibt es Nachrichten zu problematischem Polizeiverhalten und Polizeigewalt und immer wieder entpuppen sich Polizeimeldungen nach fraglichen Einsätzen im Nachgang als falsch und gelogen. Dann haben wir da noch die Meldungen über irgendwie verlorengegangene Waffen inklusive Munition aus den Beständen der Polizei. Und nicht zu vergessen sind da noch die ganzen rechten Chatgruppen, in denen der Nationalsozialismus verhamlost wird und das eigene rassistische Weltbild mit den gleichgesinnten Kamerad*innen geteilt wird. “Ist ja nur privat und nur schwarzer Humor”, sagen sie und dann schießen sie auf einen akut suizidalen und erst 16-jährigen Schwarzen Menschen mit einer Maschinenpistole oder auf einen vorher bereits von einem Polizeihund verletzten Schwarzen Menschen. Die Rede ist von Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund und Amin F. in Frankfurt in der Moselstraße. Beide sind jetzt tot und können über euren scheiß Humor nicht lachen.

Ja es kommt uns vor als würden wir, die Kampagne “Kein Einzelfall”, nach jedem neuen und gleichzeitig altbekannt wirkendem Vorfall die immer gleiche Schallplatte vorspielen. Ja, kann sein, aber es muss wohl so sein und deshalb machen wir heute und immer wieder eins klar: Der antifaschistische Kampf gegen Faschismus und gegen Repression in Uniform oder sonstwie ist unverzichtbar!

Es ist Wahlkampfzeit und auf Hessens Straßen lesen wir, neben dem AfD-Scheiß, auf CDU Wahlplakaten den Slogan “Unsere Polizei braucht: Respekt” oder auch “Innere Sicherheit. Äußere Gelassenheit” neben dem Gesicht von Boris Rhein. Schauen wir mal, ob Gelassenheit wirklich angemessen ist, wenn wir das Thema “innere Sicherheit” in den vergangenen Jahren der schwarz-grünen Landesregierung beleuchten: Wir sehen kaum Interesse an der lückenlosen Aufklärung und konsequenten Zerschlagung rechter Netzwerke in den eigenen Sicherheitsbehörden, ein Beispiel ist hier der Umgang mit dem SEK Frankfurt, das jetzt SEK Süd heißt. Das gleiche Fragezeichen bis heute bei den Datenabfragen im 1. Polizeirevier Frankfurt im Namen vom sogenannten “Nationalsozialistischen Untergrund” “NSU 2.0”. Rechte Terrortaten, wie in Hanau, werden in Hessen als tragische Vorkommnisse eines Einzeltäters deklariert und zum Jahrestag des angeblichen Einzelfalls wird die eigene Betroffenheit als Sühne zur Schau gestellt, anstatt die Fragen zu beantworten, die die Angehörigen und Betroffenen seit Jahren den politischen Verantwortlichen stellen. Durch das politisch instrumentalisierte Narrativ des Einzelfalls wird, das wollen wir als antifaschistische Kampagne deutlich machen, rassistische, sexistische und antisemitische Menschenverachtung relativiert und am Ende das Gegenteil von dem bewirkt, was ihr behauptet, nämlich innere Sicherheit. Denn die gibt es nicht, zumindest nicht für die von dieser Menschenverachtung betroffenen Menschen und auch nicht für diejenigen, die dagegen kämpfen und diesem Kampf eine Stimme geben, so wie Jule das tut.

Wenn die sogenannten Sicherheitsbehörden dann doch mal ins Arbeiten kommen, dann schikanieren sie wochenlang und mit einem absurd hohen Aufwand und Ressourceneinsatz eine junge Antifaschistin, auf dass sie bloß nicht nochmal auf die Idee kommt, sich in der Öffentlichkeit dazu zu äußern, dass Nazis in- und außerhalb der Parlamente ein Problem sind oder dass es bezahlbaren Wohnraum für alle braucht. “Unsere Polizei braucht Respekt”, sagen sie. Wir antworten: Eure Polizei ist voll mit braunem Dreck und gehört abgeschafft!

An dieser Stelle übrigens ein nett gemeinter Hinweis an die Medienvertreter*innen, insbesondere an die Frankfurter Rundschau, falls jemand heute hier anwesend ist. Sie haben nämlich vor einer Weile im Nachgang an eine unserer Veranstaltungen die Frage gestellt, warum wir uns dabei als Personen so bedeckt halten: Repressionen, wie Jule sie gerade erleben musste, weil sie sich offen zeigte, sind der Grund dafür, warum wir als Antifaschist*innen eben zweimal darüber nachdenken müssen, wann und wo wir unser Gesicht zeigen können. Für das Vertreten von Positionen, die Menschenfeindlichkeit jeglicher Art verurteilen und das gute Leben für alle fordern, landet man nämlich schneller als sich manche eventuell vorstellen können im Visier der Unsicherheitsbehörden.

Bedeckt halten wir uns zwar, aber ducken werden wir uns nicht! Denn nach jedem der unzähligen rechten Einzelfälle bei der Polizei und Co. verstärkt sich für uns die Notwendigkeit eines selbstorganisierten und verantwortungsbewussten Antifaschismus. Und dabei lassen wir uns durch Repression und Schikane nicht einschüchtern. Stattdessen organisieren wir den Widerstand gegen Angriffe von rechts. Und wir sind solidarisch mit Jule und allen anderen von Repression betroffenen Antifaschist*innen!

Für uns, die Kampagne “Kein Einzelfall”, ist klar, dass die Unsicherheitsbehörden abgeschafft gehören. Nicht nur heute, an allen Tagen muss das deutlich werden, aber ganz besonders am Lieblingstag der Polizei, dem 13.12. Dieser Tag ist, wie der hessische Verfassungsschutz im aktuellen Bericht nun offiziell betitelt, der, Zitat, “All-Cops-Are-Bastards-Tag”. Und weil das so ist, wollen wir wie letztes Jahr schon auch dieses Jahr am 13.12. wieder in Frankfurt auf die Straße gehen und den Cops zeigen, was wir von ihnen halten. Schließt euch an und seid kämpferisch, gegen jeden Faschismus und Rassismus, egal ob mit oder ohne Uniform!

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Amin F. das war Mord – Redebeitrag zur Kundgebung am 02.08.2023

- English version below -

Am 2. August 2022 erschießt ein schwer bewaffnetes Spezialeinsatzkommando in der Moselstraße im Frankfurter Bahnhofsviertel einen 23-jährigen Menschen – den Schutz suchenden und deshalb aus Somalia nach Deutschland geflüchteten Amin F. Zuvor soll es in seinem Hotelzimmer einen Streit gegeben haben, Amin soll betrunken gewesen sein und unter Drogeneinfluss gestanden haben. Ihr fragt, wer war Amin F.? Laut dem LKA sei Amin zuvor schon, „auf Grund von zahlreichen Straftaten, insbesondere der Gewalt- und Drogenkriminalität“, polizeibekannt gewesen. Das reicht ihnen schon als Personenbeschreibung und deshalb schickt man in dieser Nacht vor genau einem Jahr besser sogenannte “Profis”, das Spezialeinsatzkommando SEK Süd. Diese Spezialkräfte entscheiden dann vor Ort, die Tür des Hotelzimmers mit der Nummer 303 mit einer Ramme gewaltsam zu öffnen und einen Diensthund vorzuschicken, um sich nicht selbst zu gefährden. Amin wehrt sich gegen den beißenden Hund und verletzt diesen dabei schwer. Dann wird auf Amin geschossen, sechsmal. Vier Projektile treffen den 23-jährigen im Unterarm und Oberkörper, ein Schuss trifft den Kopf. Amin stirbt. Der Polizeihund wird notoperiert. Ende der Geschichte.

Ende der Geschichte? Ein tragischer Einzelfall? Nein, kein Einzelfall und kein Ende der Geschichte, denn uns macht einiges skeptisch an den polizeilichen Darstellungen dieser Erschießung. Dazu gehört nicht allein das verdächtig oft wiederholte Narrativ vom “gefährlichen, bereits polizeibekannten und mit Messern und Drogen hantierenden Schwarzen Menschen” im Bahnhofsviertel. Fangen wir mit etwas Greifbarem an, nämlich damit, dass die Frankfurter Polizei sowie das Landeskriminalamt zunächst meldeten, Amin F. wurde beim Einsatz bloß verletzt und verstarb erst später im Krankenhaus. Eine Lüge, die von unkritischen Medien zunächt übernommen und verbreitet wurde, bevor die Obduktion Klarheit verschaffte. Denn der Fall war für alle Anwesenden von Anfang an klar: Amin war nach dem Kopfschuss sofort tot. Und weiter? Fotos vom Tatort zeigen große Blutlachen im Zimmer und auch im angrenzenden Badezimmer. Auch dort wurde offenbar ein Schuss abgegeben, wie eine vom LKA markierte Schussspur vermuten lässt. Wir fragen uns: Was hat das zu bedeuten? In der offiziellen Version bewegt sich Amin mit einem Messer, mit dem er sich gegen den Hund zur Wehr setzte, in Richtung SEK. Dann der Waffeneinsatz von Seiten des SEKs inklusive Kopfschuss. Doch die Spuren im Bad zeigen, dass völlig unklar ist, ob von Amin zu diesem Zeitpunkt noch eine Bedrohung ausging oder ob er schon schwerstverletzt um sein Leben rang und dann mit einem Kopfschuss hingerichtet wurde. Rache für den Hund? Einsatz nach Vorschrift? „In jeder Hinsicht“, sei es „eine falsche und unübliche Entscheidung“, kritisiert einige Zeit später ein Polizist anonym gegenüber der Presse, vielleicht aus schlechtem Gewissen. Uns ist dein schlechtes Gewissen egal. Nicht egal aber ist der Mord an Amin F. durch deine Kolleg*innen, die alles falsch gemacht haben, was man falsch machen kann. Denn Amin war zum Zeitpunkt der Tat allein im Hotelzimmer. In solchen Lagen sei es üblich, den Einsatzort abzuriegeln, den mutmaßlichen Täter zu umstellen und zu verhandeln, um ihn zum Aufgeben zu bewegen. Es hat demnach „überhaupt keine Notwendigkeit“ bestanden, einen Polizeihund auf den 23-Jährigen zu hetzen „und die Lage so vollkommen unnötig zu eskalieren“. Selbst der anonyme Polizist sagt aus, es habe allen Beteiligten vollkommen klar sein müssen, dass ein Mensch, auf den ein Hund gehetzt wird, sich wehren würde. Es ist also nicht nachvollziehbar, warum gut trainierte und geschützte Polizist*innen Menschen in den Kopf schießen, wenn sich diese in die Enge gedrängt fühlen und zum Messer greifen. Das Gleiche gilt für Menschen in psychischen Ausnahmesituationen, die zu den häufigsten Opfern von tödlicher Polizeigewalt gehören. Und selbst wenn der erschossene Mensch hinterher als Person markiert wird, die schon oft straffällig geworden sei – wie im Fall von Amin hier in Frankfurt oder im Fall von Nahel in Frankreich – muss es dabei bleiben, dass es auch im Falle eines kriminellen Menschen keinen Grund einer Tötung durch die Polizei gibt.

Aber was heißt das nun für uns, wenn selbst diejenigen einen Menschen töten, die als bestausgebildetste Polizist*innen Hessens gelten und eigentlich darauf trainiert werden, Gefahrensituationen deeskalierend zu entschärfen? Welchen Anteil an diesem Vorgehen hatte vielleicht das rassistische Bild, das sie von polizeibekannten schwarzen wohnungslosen Menschen hatten und in den Einsatz mitbrachten? Hätten sie genauso gehandelt, wenn sie einen weißen Menschen vor sich gehabt hätten?

Wir nehmen zur Kenntnis, dass nach dem tödlichen Einsatz gegen zumindest einen der beteiligten Beamt*innen wegen des Verdachts auf Totschlag Ermittlungen eingeleitet wurden. Ermittlungen finden aber sowieso immer statt, wenn in Deutschland mal wieder Polizeikugeln fliegen – und es fliegen verdammt viele Kugeln: Im vergangenen Jahr gab es ganze 94 Fälle, bei denen es bei der Polizei zu einer „unbeabsichtigte[n] Schussauslösung“ gekommen sei. Eine, wie ich finde, absurde Zahl, die zugleich erschreckend ist, wenn ich daran denke, dass auch ich schon einmal vor einer gezogenen Dienstwaffe stehen musste. Offizielle Zahlen einer Polizeihochschule zählen für 2022 insgesamt elf Tote durch Polizeischüsse. Weitere sieben Menschen kamen seit 2018 nach dem Einsatz eines Tasers zu Tode. Die Opfer dieser sogenannten Elektroimpulswaffen sterben dabei an Herz- oder Kreislaufstillstand, Organversagen oder ersticken an Erbrochenem, d. h. sie wurden gefoltert. Bei allen durch Taser Getöteten legen zudem die Umstände eine psychische Ausnahmesituation oder Drogenkonsum nahe. Und es gibt weitere, der Polizei zuzurechnende, aber nicht gezählte Todesfälle in Polizeigewahrsam oder Todesfälle aufgrund exzessiver Polizeigewalt. Schließlich zählen wir für das laufende Jahr 2023 bisher mindestens vier von der Polizei erschossene Menschen.

Aber zurück zum SEK, das seit einem Jahr Amin F. auf dem Gewissen hat. Der anonyme Polizist berichtet nämlich weiter, dass es dem SEK Süd, dem Nachfolger des berüchtigten Frankfurter SEK, das durch seine Nazi- und rassistischen Chats bekannt wurde, seit seiner Neustrukturierung an Erfahrung fehle und eben dieses SEK sei deshalb seitdem „nicht mehr professionell einsatzfähig“. Unprofessionelle Sonderkommandos werden also in den Einsatz geschickt und töten einen Menschen, einen marginalisierten Menschen, für den die Polizei noch nie Freund und Helfer war, sondern das exakte Gegenteil. Und das, weil er schwarz und wohnungslos ist und weil er mutmaßlich Drogen konsumiert. Klar, der Fall von Amin F. ist ein extremer Fall. Nicht tödliche Formen von Polizeigewalt und Diskriminierungserfahrungen, wie Racial Profiling, gehören für marginalisierte Menschen aber zum Alltag. Die extremen Fälle, wie der von Amin, verweisen allerdings in bedrückender Weise, worauf zivilgesellschaftliche Organisationen, antirassistische und antifaschistische Kollektive schon lange hinweisen. Die Polizei bedeutet für viele nicht Sicherheit und Schutz, sondern Bedrohung, Schikane und Gewalt. Es ist kein Einzelfall, sondern ein Grundsatzproblem, wenn Polizeischüsse häufiger gegen Menschen abgegeben werden, die von Diskriminierungen betroffen sind, darunter Schwarze Menschen, People of Colour, wohnungslose Personen, Personen mit psychischen Beeinträchtigungen oder in psychischen Ausnahmesituationen und Menschen, die Drogen konsumieren. Zudem erfahren, von Polizeigewalt betroffene Menschen leider oft gesellschaftliche Desolidarisierung – etwa durch mangelnde Unterstützung von Passant*innen und weitere Täter-Opfer-Umkehr bei Gericht, falls sie überhaupt die Möglichkeiten haben, sich gegen polizeiliche Gewalt zu wehren. Auch die Strategie, diese Fälle lediglich als Einzelfälle zu deklarieren, ist selbst Teil dieser Gewalt. Die Erfahrungen marginalisierter Gruppen, die schon seit der Entstehung der Polizei unter Kriminalisierung, Bedrohung und Gewalt leiden, werden nicht ernst genommen. Indem den Opfern von Polizeigewalt signalisiert wird, dass das ihnen Widerfahrene unerheblich ist, werden sie einmal mehr aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Dies geschieht auch dadurch, dass sich die Dominanzgesellschaft selbst in Fällen drastischer Polizeigewalt häufig unbewusst und lieber mit der polizeilichen Perspektive identifiziert als mit der Perspektive der Betroffenen.

Halten wir fest: Für bestimmte Menschen ist es offenbar nicht ratsam, die Polizei zu rufen – gerade dann nicht, wenn sie sich in einer Notlage befinden, bei der sie sich selbst oder andere gefährden. Aus der Statistik von 2022 geht nämlich hervor, dass sich mindestens fünf der elf Todesopfer in einer psychischen Ausnahmesituation befanden. Obwohl also der Einsatzleitung häufig – wie etwa im Fall vom 16-jährigen Mohammed Dramé in Dortmund – eine solche Lage bereits beim Notruf, also im Vorfeld, mitgeteilt wird, befanden sich unter den von der Polizei erschossenen Personen fast die Hälfte in psychischen Krisen und Notsituationen. Das zeigt, dass die Polizei gar nicht in der Lage dazu ist, dieses Problem zu lösen. Besser gesagt: Sie ist dann selbst das Problem.

Deshalb ist es wichtig für den Ausbau von alternativen und sozialen Infrastrukturen zu kämpfen, in denen bekannt ist, wie man in psychischen Krisen unterstützend reagieren kann. Etwa hat die Abolitionismus-Bewegung zur Abschaffung der Polizei, die derzeit von den USA nach Deutschland schwappt, bereits viel Theorie und Praxis zu Alternativen zum Anruf bei der Polizei entwickelt. Nutzen wir dieses Wissen und informieren wir uns mehr darüber, wie wir selbstbestimmt unser Leben organisieren können – ohne Angst vor der Polizei und den anderen Unsicherheitsbehörden. Außerdem müssen wir aufhören, die falschen Polizeimeldungen abzuschreiben, denn in mindestens zwei der sechs Todesfälle, die allein im August 2022 stattfanden, hat die Polizei zunächst gelogen und musste später ihre Aussagen zum Geschehen korrigieren. Hören wir auch damit auf ein häufig angeführtes Scheinargument zu wiederholen, nämlich dass die Situation in den USA – so wie bei George Floyd 2020 – oder in Frankreich – so wie bei Nahel ganz aktuell – viel schlimmer sei als die in Deutschland und deshalb sei radikale Polizeikritik, wie sie anderswo geübt wird, hier nicht angebracht. Doch das ist sie sehr wohl, es fehlt nur an die Aufmerksamkeit, dass wir hier ein ganz ähnliches Problem haben. Wenn überhaupt, dann hat das Kleinreden etwas mit deutschen Befindlichkeiten zu tun. Nirgendwo erfahren Menschen in Polizeiuniform mehr Sympathie als in Deutschland; mit Blick auf die NS-Vergangenheit verwundert das dann auch nicht mehr.

Aber was ist jetzt mit dem Fall von Amin F.? Das LKA ermittelt. Zumindest wissen wir es nicht besser. Die Polizei sagt nichts und wenn es soweit ist, werden sich die Kollegen wie immer gegenseitig decken. Alle werden schweigen oder lügen. Bis alle vergessen haben, um was es ging, weil alle vergessen wollen, was nicht sein darf.
Wir vom Bündnis „Kein Einzelfall“ aber vergessen nicht. Wir vergeben nicht. Wir erinnern und das heißt auch kämpfen, um zu verändern! No justice, no peace – fight the police!


English version:

We’re standing here today, because on August 2nd in 2022, a heavily armed special action police commando shot a 23-year-old man in a hotel on Moselstraße in Frankfurt. The man who died was Amin F. Amin F. was seeking protection and refuge in Germany and has therefore fled from Somalia to Frankfurt. The official police report says that there had been an argument in his hotel room beforehand, that Amin was drunk and under the influence of drugs.
But now we’re asking: who was Amin F. that died exactly one year ago? According to the criminal investigation department of the state of Hesse, Amin was already “known to the police for numerous offences, especially violent and drug-related crime”. This persona description seemed to be sufficient enough for the police in order to send out so-called “professionals” – namely the SEK Süd, on that night exactly one year ago. Upon arrival at the hotel, these special forces then decided to violently kick in the door of the hotel room with the number 303 and to send in a police dog ahead, since they did not want to put themselves in danger. Amin fought back against the biting dog, injuring the dog severely. After that, Amin was shot six times. Four bullets hit the 23-year-old in the forearm and upper body, one shot hit his head. Amin died immediately. The police dog underwent an emergency surgery. End of the story.
But is this really the end of the story? A tragic but individual case? We’re saying, it is not an individual case and it is not the end of the story. Because there are a number of things leaving us skeptical regarding the picture the police tries to draw about this shooting. This picture includes not only the suspiciously often repeated narrative of “dangerous black people in the Bahnhofsviertel-district, already known to the police and handling knives and drugs”. But let’s start with something very strange: the police of Frankfurt and the hessian criminal investigation department initially reported that Amin F. was only injured during this police operation and had died later in the hospital. A lie that was spread by the media before the autopsy even confirmed what was obvious to everyone who had been near the hotel room that night: Amin died immediately after the police shot his head.
We’re still trying to reconstruct the night. In the official police version, Amin moved towards the special task forces with a knife with which he had defended himself against the dog. After that, the police shot him. But blood traces in the bathroom show that it is completely unclear whether Amin was still a threat to anyone at this point or whether he was already struggling for his life, being seriously injured and then got executed with a shot to the head. Was it a revenge for the dog? Or just a “normal police operation”?
„A wrong and unusual decision in every aspect“, this is what a police officer anonymously wrote to the press some time later – maybe because he had a guilty conscience. We don’t care about your guilty conscience. What we do care about is the murder of Amin F. – murdered by your police colleagues! They’ve done anything possible wrong. Since Amin was alone in his hotel room at the time of the crime, it wasn’t even necessary to raid his room. In such situations, the cops usually surround the suspect and negotiate with it, in order for the the suspect to possibly surrender. According to the police report, there was “no need at all” to sic a police dog on the 23-year-old “and to therefore escalate the situation in a completely unnecessary way”. Even the anonymous cop said that it should have been known to everyone involved, that a person who is being attacked by a dog, would possibly fight back. So it’s not comprehensible, why “well-trained” police officers who are protected by a lot of gear, shoot at people when,they feel attacked and reach for a knife. The same applies to people in psychologically exceptional situations, who are among the most frequent victims of deadly police violence. There is no reason for cops to shoot people – not in the case of Amin in Frankfurt and not in the case of Nahel in France.
But what does that mean for us, when even those who are considered to be the best trained police officers in Hesse kill a person? What role did the image they’ve had already in their minds of a “black homeless person who is already known by the police” play in this action? Would the police have acted the same way if they’ve had a white person in front of them?
We’re noting that investigations have been initiated against at least one officer involved – on accusation of homicide. The investigations are still ongoing. However, investigations do always take place whenever police bullets fly in Germany – and there are a hell of a lot of bullets flying: Last year, there were 94 cases in Germany in which the police had, quote, “unintentionally fired” bullets. This is an absurdly high number and super frightening. This is especially frighting, since most of our BIPoC friends are telling us, that they’ve also been threatened by a cop with a drawn weapon at least once in their lives. We won’t imagine what could have happened and what might happen.

Recent numbers from official police stats count a total of eleven deaths by cop shootings in Germany in the year of 2022. Another seven people have died since 2018 after the usage of a Taser. In all cases of people killed by tasers, the circumstances also suggest a psychologically exceptional situation or drug consumption. And there are other deaths assigned to the police, but they are not counted, such as death in police custody or death due to excessive police brutality. As of the year of 2023, we’re counting at least four people that have been shot by police in Germany so far.
But back to the special police force, that have killed Amin F. one year ago. The anonymous cop goes on to report that the SEK Süd is the replacement to the infamous SEK Frankfurt. You might remember: the SEK Frankfurt was known for its neo-Nazi, racist and misogynist chats. The new established SEK Süd has a lack of experience since its restructuring and is therefore, according to the anonymous cop, “no longer professionally operational”. This is how the German police works. They are sending unprofessional task forces into action, who then kill a person. A marginalized person, for whom the police has never been a “friend nor a helper”, but the exact opposite – just because he was black and homeless and because he supposedly used drugs. Sure, the case of Amin F. might be a shocking case. But non-fatal forms of police violence and experiences of discrimination, such as racial profiling, are part of the everyday lives of marginalized people. However, cases like Amin’s are a depressing reminder of what civil-organisations, anti-racist and anti-fascist collectives have been already pointing out for a very long time. For many people in Germany and all over the world, the police does not stand for security and protection. The police rather means threats, harassment and violence for many people. This is not an isolated case, but a fundamental problem.
Statistics show, that police shots are more frequently fired against people who are affected by discrimination, including Black people, People of Colour, homeless people, people with mental impairments, people in exceptional psychological situations or people who’re using drugs. In addition, people suffering from police violence unfortunately often experience social de-solidarization. For example through a lack of support from people who pass by the incident on the streets. And, much further, through a offender-victim reversal in court – if the victims even have the means to defend themselves against police violence at all. The strategy of declaring these cases as isolated incidents is part of the violence itself. The experiences of marginalized groups, who have suffered criminalization, threats and violence ever since the police was created, are not taken seriously at all in our society. By signalling to victims of police violence that what has happened to them is not relevant, people are once again being excluded from society. Even in cases of brutal police violence, the hegemony of society often unconsciously prefers to identify with the police’s perspective rather than the perspective of the victims.
So let us note: for certain people it is not recommendable or even not possible to call the police – also when they are in an emergency situation in which they endanger themselves or others. The 2022 statistics show that at least five of the eleven fatalities were in an exceptional mental situation. So, even though the police command is often informed of such a situation already during the emergency call – as in the case of 16-year-old Mohammed Dramé who was shot in Dortmund last year – it seems like the police are not prepared for such situations. Almost half of the people shot by the police in Germany last year were in psychological crises and emergency situations. The police are not in a position to solve this problem. Better said: they are the problem themselves.

Therefore, it is important to fight for the development of alternative and social infrastructures in which it is known how to react supportive in mental health crises. For example, the abolitionist movement that is currently sweeping from the US to Germany, has already developed a lot of theory and practice on alternatives to calling the police. Let’s use this knowledge and inform ourselves more about the possibilities of organizing our lives in a self-determined way – without fear of the police and other authorities. We also have to stop writing off the false police reports, because in at least two of the six deaths that took place in August 2022 alone, the police initially lied and later had to correct their statements about what had happened. Let’s also stop repeating a frequently used bogus argument, namely that the situation in the US – as with George Floyd in 2020 – or in France – as with Nahel very recently – is much worse than the situation in Germany and therefore radical criticism of the police, as practiced elsewhere, is not appropriate in Germany. However it is appropriate to criticize the police in Germany, there’s just a lack of attention on the fact that we’re having a very similar problem over here. If anything, talking down the problem has to do with German sensitivities. Nowhere in the world do people in police uniforms receive more sympathy than in Germany; with a look to the German Nazi past, this is no longer surprising.
But what about the case of Amin F.? The criminal investigation department is still investigating. The cops won’t say anything and when the time comes, the colleagues are gonna cover for each other – as usual. Everyone is going to keep quiet or lie about everything. Just until everyone has forgotten what it even was about, because everyone just wants to forget – what’s not allowed just cannot be. But we, from the alliance “Kein Einzelfall”, we do not forget. We do not forgive. We’ll always remember and that does also mean, we’ll keep on fighting for a change. That’s why we’re here today. No justice, no peace – fight the police!