Liebe Freund*innen der Polizeikritik; heute, am 13.12. bringen wir unsere Unversönlichkeit und unsere Wut gegen Polizeischikane, -willkür und -gewalt gemeinsam auf die Straße. Seit über 15 Jahren gibt es auf der ganzen Welt am ACAB-Tag Veranstaltungen für alle, die die Institution der Polizei hassen. Bereits in den 1920er Jahren war unter Gefangenen und Kriminellen in England die Parole “all coppers are bastards” verbreitet. Als Akronym
verbreitete es sich ab den 40er Jahren unter streikenden Arbeiter*innen und spätestens in den 1970er Jahren war ACAB innerhalb der Fußballfangemeinschaften weit verbreitet.
Woher aber – fragt uns Otto Normalbürger – kommt nur dieser Hass auf die Polizei?
Er kommt vor allem daher, dass wir immer wieder feststellen, dass Bullen uns nicht schützen – im Gegenteil: sie stellen eine Gefahr für viele von uns dar.
Wir könnten endlos Orte, Daten und Betroffene aufzählen, weil in jeder Stadt und in jedem Dorf schon Menschen von der Polizei ermordet, gefoltert, inhaftiert oder angegriffen wurden. Und auch Otto würde bei einer kritischen Betrachtungsweise und losgelöst von dem ansozialisierten “Freund und Helfer – Mythos” feststellen, dass er von ihnen nichts erwarten braucht.
Wer nicht-weiß gelesen wird, ohne Job oder wohnungslos ist, mit psychischen Problemen oder Substanzabhängigkeit zu kämpfen hat oder einfach in der sogenannten falschen Gegend aufgewachsen ist – der braucht von der Polizei nichts zu erwarten außer andauernde Schikanen,
Kontrollen und Strafen.
Wir als Antifaschist*innen sind in der Bundesrepublik und speziell in Sachsen ohnehin das Feindbild. Besonders da, wo wir unversöhnlich auftreten oder aktiv das Gewaltmonopol des Staates und seiner Polizei in Frage stellen, weil auf den Staat und seine Institutionen kein Verlass ist. Denn wie kann man sich auch auf einen Staat verlassen, der auf beiden Augen blind ist, wenn es um eine Bedrohung und Gefahr von rechts geht? Und wenn sich Antifaschist*innen als Folge dieser Blindheit gegen Neonazis wehren und sich Räume zurückerobern, dann wird das lediglich
als eine “Selbstjustiz” ausübende Aktionsform verschrien, mit der Argumentation, solch eine Aktionsform wäre deshalb so schlimm, weil sie keine Grenze kennen würde.
Aber auch die Polizei scheißt auf Grenzen von Recht und Gesetz, die eigentlich ihre Handlungsoptionen beschränken würden. Immer wieder hören wir von Morden durch Uniformträger:innen. Die durch die enge Zusammenarbeit mit der Judikative zumeist als “notwendig” gerechtfertigt oder ganz unter den Teppich gekehrt werden oder zumindest unbestraft bleiben. Immer wieder werden die Rechte von Betroffenen polizeilicher Maßnahmen mit Füßen getreten! Wie weitgehend diese Missachtung der Grundrechte von Bürger:innen, die von der Norm abweichen geht, konnten wir in Leipzig zuletzt am 03. Juni
erleben. Im Rahmen des sogenannten Tag X, nach dem Urteil im Antifa Ost Prozess gegen vier Angeklagte Antifaschist:innen, wurde im Stadtgebiet ein allgemeines Versammlungsverbot erlassen, was später als Grundlage für
die mutmaßlich widerrechtliche Freiheitsberaubung von über 1300 Personen im sogenannten “Leipziger Kessel” diente. Eigentlich gibt es seit dem “Hamburger Kessel” von 1986 eine eindeutige Rechtsprechung zu solchen Massenumschließungen: sie sind illegal, besonders wenn die Polizei keine Ahnung hat, wie man gewisse Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt, die sich bei über
zwölfstündiger Freiheitsberaubung unter freiem Himmel ergeben. Die Informationen die seitdem bekannt wurden, deuten darauf hin, dass dieser staatliche Gewaltausbruch genau so gewollt war.
Was allerdings vor diesem Hintergrund von einer juristischen Aufarbeitung zu erwarten ist oder ob diese überhaupt stattfinden wird steht wohl in den Sternen.
Wenn wir als Freund*innen der Polizeikritik von einer Utopie von einer Welt ohen Polizei sprechen, hören wir Otto den Normalbürger immer wieder jammern:
“Wie aber soll das nur gehen?”
Es gibt Gesellschaften ohne Polizei und auch in diesen wird ein Umgang mit Konflikten, Übergriffen und äußerer Gewalt gefunden.
Wir wollen keine Reformen oder eine vermeintlich bessere Polizei: wir wollen gar keine Bullen!
Und daran sollten wir uns auch immer wieder erinnern – nicht nur am 13.12!
Wir wünschen uns allen eine kraftvolle und kämpferische Demonstration!
Passt aufeinander auf – die Bullen sind dafür heute sowieso nicht hier.
Glück und Freiheit an alle Antifaschistinnen und Antifaschisten in Haft oder auf der Flucht!
-wsal, Dez.2023