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In Frankreich wie in Deutschland: Das Problem in Uniform ist ein grundsätzliches!

 
Redebeitrag bei der Demonstration
»DIE POLIZEI TÖTET – Gerechtigkeit für Nahel und alle anderen Opfer rassistischer Polizeigewalt«
in Frankfurt/Main am 14.07.2023

Liebe Freund*innen und Genoss*innen,

unsere Initiative »Ein Einzelfall kommt selten allein« weist seit Jahren auf die strukturelle Dimension rechter Gewalt in den sogenannten Sicherheitsbehörden hin. Vieles davon teilen wir regelmäßig bei Twitter oder auf unserem Blog. Immer öfter ist dabei eins festzustellen: Extrem Rechte sind nicht nur sehr gerne uniformiert, sondern begehen auch währenddessen ihre Taten. Wir fragen uns dabei jedes Mal, ob der hessische  Innenminister Beuth, der – wie beim rassistischen Anschlag in Hanau – andauernd für seine Polizei-Schützlinge in die Bresche springt, das auch für die Polizei in Frankreich tun würde und ihre Arbeit, Zitat, “exzellent”, findet.

In Frankreich ist es das Gleiche wie in Deutschland: Das Problem mit den Täter*innen in Uniform ist ein grundsätzliches. Die Analysen hierzu bleiben aber zu oberflächlich, solange sie nur das Einzelfallnarrativ bemühen – und genau das tut die vermeintliche Mitte der bürgerlichen Gesellschaft, während sich ihre faschistischen Flügel weiter ins blutverschmierte Fäustschen lachen. Das Gerede vom Einzelfall ist und bleibt falsch und eine Verharmlosung, weil damit indirekt ein Zweifel geäußert wird, ob z. B. anstelle vom ermordeten Nahel vielleicht doch dem mordenenden Polizisten Unrecht getan wurde. Warum kommt es zu einem solch angeblich krassen Einzelfall, also zur dieser vermeintlichen Ausnahme, wo doch scheinbar alles in der Regel so gut läuft? Diese Täter-Opfer-Umkehr, die dann erstmal stattfindet, gipfelte in diesem sogenannten Einzelfall darin, das ein von Faschos angestoßenes Crowdfunding über eine Millionen Euro für den Mörder von Nahel eingespielt hat. Linke empört das und empört zu sein ist wichtig. Es muss uns aber mehr als empören, wenn französische Polizeigewerkschaften wenige Tage nach dem Mord offen damit drohen, auf eigene Faust Jagd auf sogenannte Aufständische zu machen, wenn sie nicht endlich die offizielle Erlaubnis bekommen, mit voller Härte losschlagen zu dürfen. Eine Gewerkschaft, die das androht, ist kein Einzelfall, sondern eine aus unzähligen Mitgliedern bestehende Institution, die, wie wir aus anderen Kontexten wissen, genug Macht haben kann, um ihre Drohung in die Tat umzusetzen. Nur weil das viele nicht hören wollen, dürfen wir nicht darüber schweigen.

Und sicher, hier und da steht das eine oder andere Menschenrecht im Gesetz, aber ist darauf Verlass, wenn es im Alltag offensichtlich nicht jederzeit und für alle gleichermaßen gilt? Letzten Monat erst hat die griechische Küstenwache hunderte Menschen im Mittelmeer ertränkt. Wir fragen: Führte die Küstenwache nur das aus, worauf sich “Keine-Polizeigewalt-aber-Brechmittel-ist-okay-Olaf-Scholz” und die offene Faschistin Meloni aus Italien kurz zuvor einigten? Bedeutet das Credo “sichere EU-Außengrenzen” jetzt für geflüchtete Menschen übersetzt “sicherer Tod”? Die Menschenrechte stehen wohl nur im Weg, oder wie die hessische SPD-Spitzenkandidatin Faeser anlässlich der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl neulich sagte: “Erstmal bin ich sehr froh, dass diese historische Entscheidung heute gelungen ist”. Wichtig ist also, dass durchentschieden werden kann ohne irgendwelche nervigen Bedenken zuzulassen. Der Inhalt der Entscheidung ist auch oft egal, hauptsache es wurde überhaupt etwas entschieden und es gibt am Ende ein Ergebnis, das verkündet werden kann. Eigentlich ist nur wichtig, dass alles möglichst ungestört funktioniert. Die Gesellschaft als gut geölte Maschine – und der Bulle, egal ob es der vermeintlich nette Wachtmeister von nebenan oder der Frontex-Cop ist, erhält mehr und mehr Befugnisse, mit der er die Ordnung gewaltvoll erhalten soll. Gerade deshalb identifiziert sich die bürgerliche Gesellschaft mit ihm, dem Freund und Helfer, denn er ist ja der angebliche Beschützer des eigenen bürgerlichen Daseins.

Dieser Hintergrund erklärt die Reaktion der französischen Regierung auf den Mord an Nahel: Nach dem Mord am 27. Juni gab es am Folgetag eine Schweigeminute und die rhetorische Verurteilung der Tat. Schon am gleichen Tag erließ das Pariser Polizeipräsidium allerdings auch die Sondergenehmigung zum Einsatz von Drohnen zur Überwachung des öffentlichen Raums, eine Möglichkeit, die der Staat sich erst Anfang des Jahres als Maßnahme gegen die Proteste anlässlich der Rentenkürzungen selbst gegeben hat. Am nächsten Tag setzte der französische Innenminister ganze 40.000 zusätzliche Polizist*innen ein. Noch einen Tag später gibt Macron den Videospielen die Schuld an der Wut der Jugendlichen und sein Innenminister fordert die Verkehrsbetriebe auf, Busse und Bahnen nachts nicht mehr fahren zu lassen und Großveranstaltungen abzusagen. Gleichzeitig wird – zum ersten Mal überhaupt – ein neuer Räumpanzer auf der Straße eingesetzt, eigentlich militärisches Gerät mit Granatwerfer und Maschinengewehr. Am 1.7., der fünften Nacht, wird eine offizielle Ausgangssperre ausgerufen, am folgenden Tag gibt es aus Lyon die ersten Videos von organisierten Fascho-Mobs, die die Polizei bei ihrer Jagd unterstützen. Am 4.7. schließlich denkt Macron laut über die Möglichkeit nach, Social Media Plattformen abzuschalten, um die Koordination der Protestierenden zu erschweren. Wieder ein Tag später legalisiert der französische Staat den Einsatz von Staatstrojanern. Insgesamt dauerte es also kaum mehr als eine Woche vom geheuchelten Verständnis für die Proteste bis zu Ausgangssperren, Internetzensur und Militärwaffen auf der Straße.

Die Proteste gegen die Gewalt des Staates sind für den Staat gerade ein willkommener Anlass, um sein Gewaltpotenzial massiv auszubauen. Bei einem dafür verantwortlichen Präsidenten wie Macron, der übrigens der dritt-unbeliebteste Präsident jemals in Folge ist, ist diese Entwicklung nicht verwunderlich. Wie schon Sarkozy und Hollande vor ihm ist Macrons Präsidentschaft geprägt von einem unerträglichen Klassenkampf von oben, der zudem mit enormer Polizeigewalt gegen umfangreiche Sozialproteste durchgeprügelt wird. Für den sich verschärfenden Klassenkampf rüstet sich der bürgerliche Staat also mithilfe illiberaler Gewalt. Bei manchen mag er sich damit unbeliebt machen. Aber was sollten Macron oder Faeser sagen, wenn die Melonis, Höckes und LePens dieselben Mittel benutzen? “Faschismus okay, aber nur, wenn ihr damit die Kapitalrendite rettet?” Genau hier liegt der Knackpunkt einer bürgerlichen Politik, die mehr und mehr auf Gewalt und Gehorsam setzt: die sogenannte Mitte schafft Verhältnisse, die das Potenzial haben, es schweigend zuzulassen, wenn sich von jeglicher Zustimmung durch die Bevölkerung verabschiedet wird.

Doch genau bei diesem Schweigen verläuft die Grenze zwischen denen und uns. Wer schweigt stimmt zu. Deshalb sind wir hier, deshalb sind wir laut. Solidarität mit allen, die das totalitäre Potenzial dieser Politik bekämpfen. Und Solidarität mit allen, die gegen Polizeigewalt auf die Straße gehen.

Wir werden es wieder tun und möchten deshalb zum Schluss darauf aufmerksam machen, dass es am 02. August eine Kundgebung hier in Frankfurt geben wird, denn unweit von hier im Bahnhofsviertel wurde vor fast einem Jahr ein 23-jähriger wohnungsloser schwarzer Mensch von der Polizei ermordet, per Kopfschuss. Am 2.8. jährt sich dieser Mord zum 1. Mal und wir treffen uns am Willy-Brandt-Platz ab 18:30 Uhr vor dem Euro-Zeichen und freuen uns auf euch und euren Support!

Auch in Deutschland tötet die Polizei und auch hier sagen wir: Das war kein Einzelfall! Vielen Dank!

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Redebeitrag zur Vorabenddemo “3 Jahre Hanau – Gedenken heißt kämpfen”

Am 19. Februar 2020 ermordete ein Rechtsterrorist in Hanau Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin.


Überlebende und Angehörige des Anschlags berichten auch heute noch, 3 Jahre danach, dass die Polizei die Situation damals verschlimmerte, anstatt zu helfen. Uns von der Kampagne “Kein Einzelfall” überrascht es in diesem Zusammenhang nicht, dass am 19. Februar insgesamt 13 Mitglieder des Sondereinsatzkommandos Frankfurt im Einsatz waren, also genau die SEK-Einheit, die nur eineinhalb Jahre später wegen extrem rechter Chats vom hessischen Innenministerium aufgelöst wurde.


Auch die Tatsache, dass Vili Viorel Păun am Abend des 19. Februar in seinem Auto dem Täter hinterherfuhr und dabei mehrere Male den Notruf, die 110, wählte, doch niemanden erreichte, verweist auf Polizeiversagen erster Güte. Vili hatte fünfmal versucht die Polizei anzurufen, wobei er sich im Eifer zweimal verwählte. Es half nicht, niemand half, weit und breit kein Freund und Helfer. Und so wurde auch Vili Viorel Păun ermordet.


Nachdem vier Polizeibeamt*innen zum Tatort fuhren, war der Notruf mit nur mit einer Person klar unterbesetzt. Während also ein extrem rechter Terrorist durch Hanau fährt und ungehindert migrantisierte Menschen erschießt, klingelt auf der Wache das Telefon einfach nur immer weiter. Niemand hebt ab. Vilis Leben sowie weitere Leben hätten möglicherweise noch gerettet werden können. Doch stattdessen ging das Morden weiter.


Nach dem Anschlag am 19. Februar 2020 gab es weder eine kritische Aufarbeitung zum Notrufversagen innerhalb der zuständigen Behörden noch zu den beteiligten Beamt*innen. Im Gegenteil gab man mal wieder alles dafür, um die Nichtskönner*innen in den eigenen Reihen in ein besseres Licht zu rücken: So wurde im Untersuchungsausschuss bekannt, dass das Landespolizeipräsidium versucht hatte, auf das polizeiinterne Ermittlungsverfahren zum Notrufversagen Einfluss zu nehmen. Und Innenminister Peter Beuth setzt noch eins drauf: Anstatt sich seiner politischen Verantwortung vor dem hessischen Landtag zu stellen, spricht er im Mai 2020 von hervorragender Polizeiarbeit. Zudem täuschte Beuth die Öffentlichkeit vorsätzlich, als er im Februar 2021 eine höhere polizeiliche Besetzung im Notruf am Abend vom 19. Februar behauptete als faktisch gegeben.


Wie kann es sein, dass nicht stattdessen auf das Komplettversagen der Polizei angemessene Konsequenzen folgen? 3 Jahre später gibt es nicht einmal eine Bitte um Entschuldigung vonseiten der Verantwortlichen. Anstatt die Polizei für ihre unterlassene Hilfe zur Rechenschaft zu ziehen, werden ihre Fehler von ihnen selbst und vom hessischen Innenministerium vertuscht und ihre Tatlosigkeit verharmlost. Nur dank der Recherchen der betroffenen Familien, durch Journalist*innen, Anwält*innen und Unterstützer*innen aus antirassistischen und antifaschistischen Initiativen und Gruppen sowie durch die Befragungen im Untersuchungsausschuss konnte das Ausmaß an Behördenversagen bei gleichzeitigen Vertuschungsversuchen Stück für Stück nachgewiesen werden.


Hier ein Beispiel: Forensic Architecture und FORENSIS konnten aufklären, dass die beiden in der Arena Bar Ermordeten, Said Nesar Hashemi und Hamza Kurtović, den Notausgang rechtzeitig hätten erreichen und entsprechend fliehen können, wären die Türen nicht verriegelt gewesen. Dass dies der Fall war, führen Hinterbliebene darauf zurück, dass die Polizei in der Vergangenheit den Betreiber der Bar unter Druck gesetzt hätte, die Tür verschlossen zu halten. So sollte verhindert werden, dass bei ihren rassistischen Razzien niemand durch den Notausgang entkommen könne.


Ein weiteres Beispiel: Das Haus des Attentäters, in das er nach seinen rassistischen Taten geflohen war, umstellte die Polizei nicht ordnungsgemäß. So war das Grundstück des extrem rechten Terroristen nach dessen Tat über einen längeren Zeitraum nicht oder nur mangelhaft überwacht worden – nicht etwa, weil der Schütze an einem anderen Ort vermutet wurde, nein: Es war längst klar, dass der Mörder sich in seinem Haus aufhielt. Insgesamt hatte er mehr als eine Stunde lang Zeit gehabt, aus seinem Haus zu spazieren und sich weitere Opfer zu suchen.


Auch auf die Vogelperspektive konnte sich in Hanau an diesem Abend niemand verlassen. Der angeforderte Hubschrauber kreiste über dem Stadtteil Kesselstadt, jedoch ohne gezielt das Haus des Attentäters zu erfassen – obwohl die Piloten mehrfach nach Koordinaten fragten. Woran lag das, fragen wir uns? Und: War das ein Einzelfall? Jedenfalls erfuhren die beiden Piloten bis zuletzt nicht die längst bekannte Adresse des Attentäters und flogen weiter planlos durch die Nacht.


Wir fassen zusammen: Mehrere Polizeieinheiten und ein Heli schafften es nicht am Abend des 19. Februar das Haus beziehungsweise dessen Fluchtwege zu sichern. Wie kann es sein, dass ein hochausgebildetes Sondereinsatzkommando und sogenannte Sicherheitskräfte sich so unkoordiniert verhalten? Wie kann es sein, dass stundenlang gewartet wird, bis endlich ein Eingriff stattfindet und das Haus betreten wurde? Was spielte sich dort so lange ab, wo am Ende einerseits nur noch der tote Rassist und seine von ihm getötete Mutter aufgefunden wurden – und andererseits lebend und unversehrt sein rassistischer und vorbestrafter Vater Hans-Gerd?


Dass das zuständige SEK deutlich früher hätte eingreifen müssen, ist durch Gutachten bestens belegt. Bewiesen ist nämlich unter anderem, dass die Schüsse, mit denen der Attentäter seine Mutter tötete, von den Beamt*innen mit Sicherheit gehört wurden. Aber natürlich sind Beamt*innen, die nicht ans Telefon gehen können, nicht ordentlich Infos weitergeben können, kein Haus umstellen können, sich aber in extrem rechten Chats austauschen können, rassistisch gegen sogenannte Shishabars vorgehen können, nicht in der Lage, Schüsse zu hören. Auf dem rechten Auge blind und auf beiden Ohren taub sind sie, unsere Unsicherheitsbehörden!


Fazit des Ganzen: Erst scheiße gebaut, dann Lügen zu Protokoll gegeben. Das, was in Hanau am 19. Februar 2020 passierte, ist ein besonders tödlicher Fall von Rassismus in strukturell rassistischen Verhältnissen – und eben kein Einzelfall. Darum seid aufmerksam, recherchiert und vertraut nicht darauf, was zuständige Amtsträger*innen und sogenannte Sicherheitsbehörden erzählen, um ihren Rassismus ebenso wie ihr eigenes Versagen zu verleugnen.


Solidarität mit den Betroffenen extrem rechter Gewalt!
Wir vergessen nicht!
Morgen alle nach Hanau!

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PM: Demonstration „KEIN FREUND, KEIN HELFER!”

Extrem rechte Netzwerke in Polizei und Sicherheitsbehörden auflösen!

Das Bündnis „Kein Einzelfall“ ruft dazu auf, am 13.12.2022 ab 17:30 Uhr in Frankfurt am Main vom Willy-Brandt-Platz aus gegen Rassismus und extrem rechte Strukturen in Polizei, Verfassungsschutz und anderen (Un)Sicherheitsbehörden zu demonstrieren.

Als Grund für die Demonstration führt das Bündnis die nahezu täglich neuen Nachrichten zu den sogenannten Sicherheitsbehörden an, bei denen es immer wieder um ihre fehlerhaften Ermittlungen, ihre Beteiligung an rechten Chatgruppen und Netzwerken sowie um Tötungen bei Polizeieinsätzen geht. So wurden allein im August 2022 innerhalb einer Woche in Deutschland vier migrantisierte Personen von Polizist*innen auf der Straße, in Polizeigewahrsam und sogar in der eigenen Wohnung ermordet.

Am 2. August 2022 schoss die Polizei auf den 23-jährigen wohnungslosen Amin F. im Frankfurter Bahnhofsviertel und tötete ihn mit einem Kopfschuss.

Am 3. August 2022 folgte die Tötung des 48-jährigen Kölner Straßenmusikers Jozef Berditchevski, der sich gegen die Zwangsräumung aus seiner Wohnung durch die Polizei wehrte.

Auch am 7. August 2022 tötete die Polizei, indem sie in Oer-Erkenschwick im Kreis Recklinghausen einen 39-Jährigen fixierte und mit Pfefferspray traktierte, sodass er kurz darauf im Krankenhaus verstarb.

Schließlich wurde am 8. August der erst 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund von einem Spezialkommando der Polizei regelrecht hingerichtet. Elf Beamt*innen gingen auf den Jungen los. Eingesetzt wurden Pfefferspray und Taser. Danach folgten auf Mouhamed sechs Schüsse mit einer Maschinenpistole.

In all diesen Fällen wurden die Betroffenen im Nachgang kriminalisiert bzw. als „Drogenabhängige“ oder „Wohnungslose“ stigmatisiert. Dadurch werden die Tötungen von migrantisierten Personen – wie bereits im Fall „NSU“ – vonseiten der Sicherheitsbehörden bagatellisiert und durch dieselben als angemessen verteidigt.

„Auch wenn wir von der Aufklärung durch staatliche Gewalt ohnehin nichts zu erwarten haben, scheint es lächerlich, dass schließlich die Polizei in Recklinghausen zum tödlichen Einsatz in Dortmund ermittelt, während die Polizei aus Dortmund den tödlichen Einsatz ihrer Kolleg*innen in Recklinghausen untersucht“, so Sophia Stern, Sprecherin des Bündnisses „Kein Einzelfall“.

„Kein Einzelfall“ klagt an, dass Neutralität weder bei der Dortmunder Polizei noch bei anderen Exekutivorganen sichergestellt ist. Auch in Zukunft sind unvoreingenommene Ermittlungen undenkbar. Wird hier nicht eingeschritten, bleiben die Täter*innen in Uniform weiter verschont. So sind seit der Wiedervereinigung in Deutschland insgesamt 318 Menschen durch Schusswaffen getötet worden. Betroffen hiervon sind insbesondere migrantisierte Menschen.

„Wer hier noch an Einzelfälle glaubt, hat von der Welt so viel verstanden wie die Exekutive von Antirassismus. Jeder einzelne Fall ist ein Skandal. Die Stille dazu ist ohrenbetäubend.

Sie macht uns traurig und wütend zugleich“, so Luciano Weber, Sprecher des Bündnisses.

Als Konsequenz fordert das Bündnis daher unabhängige Beschwerdestellen, die über korrekte Sanktions- und Kontrollverfahren verfügen. Es bedarf lückenloser und unabhängiger Aufklärung.

Das Bündnis „Kein Einzelfall“ möchte mit seinem Demonstrationszug durch die Frankfurter Innenstadt davor warnen, dass deutsche Sicherheitsbehörden beim Morden von Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, mitmischen. Der Ort der Demonstration ist dabei bewusst gewählt. So ist die Stadt am Main, ob im Fall „NSU 2.0“, des Frankfurter SEK oder rechter Chats des 1. Polizeireviers, als Schauplatz extrem rechter Vorfälle in Sicherheitsbehörden bereits bekannt. Immer wieder führen Spuren rechter Strukturen zur Frankfurter Polizei, immer wieder kommt es zu rassistischer Polizeigewalt in einer Stadt, die sich als „kosmopolitisch“ darstellt. Immer wieder zeigt sich für die Bündnissprecher*innen: „Ein Einzelfall kommt selten allein. Auf den Staat ist kein Verlass.“

Deshalb will das Bündnis „Kein Einzelfall“ am 13.12. mit einer Demo ihrer Wut und Trauer zugleich „Audruck verleihen – und zwar gemeinsam mit euch!“. Start der Demonstration gegen „extrem rechte Strukturen in Polizei und Sicherheitsbehörden“ ist am Willy-Brandt-Platz um 17:30 Uhr.

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Frankfurter SEK erschießt wohnungslosen BPoC

Am frühen Dienstag Morgen (02.08.22) hat die Frankfurter SEK-Einheit in der Moselstraße einen jungen Mann erschossen.

Über die Hintergründe des “Einzelfalls” ist auch eineinhalb Tage später noch wenig bekannt. Laut Presse handelt es sich um einen 23-jährigen Wohnsitzlosen. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, habe es sich um einen schwarzen Somali gehandelt. Zur Beschwichtigung der guten Bürger*innen verzichtet die Polizei natürlich nicht darauf, zu betonen, dass der Tote polizeibekannt sei und raunt außerdem von Drogen, Gewalt und einem vorherigen Streit. Drogen, Gewalt, Streit und Wohnungslosigkeit im Bahnhofsviertel also… Und die Cops erschießen einen Schwarzen Menschen.

Kurz: Hochprofessionalisierte Gewalttäter*innen mit rechtem Hintergrund haben einen marginalisierten Menschen erschossen. Cops schaffen keine Sicherheit, sondern treten nach unten und werden im Zweifel zu Mördern.

Wir erinnern uns: das Frankfurter SEK musste neulich kurz aus der Stadt verlegt werden, als bekannt wurde, dass sie sich mit Freude strafbare Nazimemes zuschicken und auch ihre Einsatzräume in der Miquellallee mit rechter Symbolik dekorieren. Dass die geichen hoch ausgebildeten Polizisten beim rechten Terroranschlag in Hanau Stunden für den Weg aus der Miquellalle nach Hanau benötigten, trug nicht gerade zu seiner Beliebtheit bei. Für ein paar Wochen wohnte das SEK dann in Wiesbaden. Inzwischen wurde der, zum Frankfurter Oberbullen beförderte, Stefan Müller als Sonderermittler eingesetzt. Das SEK wurde umbenannt und gehört jetzt organisatorisch zum – für seine nicht vorhandene Sensibilität besonders bekannten – BFE, und wohnt wieder in Frankfurt. Genau diese Schweine also, die fürs Fascho-sein bundesweit bekannt sind und ihr elitäres Mackertum einzig daraus rechtfertigen für die gefährlichen Sachen zuständig zu sein, fahren ins Bahnhofsviertel und ermorden eine jungen, wohnungslosen BPoC. Das ist weder Unfall, noch unglücklicher Ablauf eines schwiergen Einsatzes, sondern logische Konsequenz und Kontinuität.

Genau für diese Art von Einsatz sind die Cops ausgebildet. Wer in so einer Situation schießt, tut das als Profi. Das ist ihre Kernkompetenz. Und jetzt? Das LKA ermittelt mal wieder und sucht Fehler. Die Bullen sagen deshalb nichts. Die Kolleg*innen werden sich schon gegenseitig decken. Alle werden schweigen. Bis alle vergessen haben, um was es ging.

Wir vergessen nicht.

Wir vergessen nicht, dass ihr Christie Schwundeck erschossen habt. Wir vergessen nicht, dass erst letzte Woche wieder hier in Frankfurt eine Bullen-Chatgruppe aufgefolgen ist, in der neben Vorgesetzten auch strafbare volksverhetzende Inhalte zu finden waren. Wir vergessen nicht, dass der NSU2.0 immer noch unaufgeklärt ist und wahrscheinlich im Revier auf der Zeil eine Außenstelle hat. Wir vergessen nicht, dass Peter das Schwein Beuth noch immer Innenminister ist und wir vergessen die tagtägliche Gewalt nicht der unsere Freund*innen durch euch Schweine ausgesetzt sind. Die Grünen als Feigenblatt sowohl in Stadt-,Landes und Bundesregierung interessieren uns einen Scheiß!

Wir rufen dazu auf, aktiv gegen die rechten Netzwerke in den Sicherheitsbehörden zu werden. Wir rufen dazu auf, die “Ermittlungen” der Staatsanwaltschaft kritisch zu begleiten und sie dazu zu zwingen, öffentlich zu machen, wieso die “Profis” vom SEK einen wohnungslosen Schwarzen Mann erschossen haben. Wir rufen dazu auf die Parteien, die Stadt-, Landes- und Bundesregierung unter Druck zu setzen, die ständigen Ausweitungen der Kompetenzen und Kapazitäten der Unsicherheitsbehörden zurück zu drehen. Wir danken den wenigen Journalist*innen, die am Thema bleiben und fragen die Anderen: Warum sind euch die Ermordungen durch Uniformierte keine Meldung wert? Warum übernehmt ihr die Propaganda, die Betroffenen seien “polizeibekannt”? Warum wartet ihr, bis eine Pressemitteilung euch eine Story liefert, statt selbst heraus zu finden, was passiert ist? An alle Genoss*innen: geht auf die Straße, organisiert selbst eine Gegenöffentlichkeit oder wenigstens ein bisschen kreative Umgestaltung. Sprecht über eure Wut und euren Schmerz und tragt ihn in die Welt. Organisiert euch selbst für ein Leben ohne Angst vor rechtem Terror und Polizeigewalt, denn wenn wir es nicht tun, sind wir bloß deren Kanonenfutter.

No Justice? No Peace!

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Redebeitrag zum Prozessende von Franco Albrecht

Die Kampagne “Ein Einzelfall kommt selten allein” startete im Mai 2021. Mit einer Demo gegen rechten Terror in Offenbach. Antifaschistinnen nahmen den Fall Franco Albrecht zum Anlass für eine Kampagne, die neonazistischen Terror aufdeckt.
Die Kampagne kritisiert den “Einzeltäter”-Mythos und macht regelmäßig auf die Kontinuität rechten Terrors und dessen Verharmlosung aufmerksam.

Rechtsterroristische Netzwerke in Polizei, Bundeswehr und anderen Zusammenhängen, die seit jahrzehnten Wurzeln schlagen standen im Mittelpunkt der Kampagne.

So warn(t)en wir davor, dass die Liste sogenannter Einzelfälle von Polizeigewalt, Tod in Polizeigewahrsam, das Waffen-, Sprengstoffhorten durch rechtsradikale in Polizei, Bundeswehr und anderen angeblichen Sicherheitsbehörden täglich länger wird und reg(t)en dazu an genau hinzuschauen sowie antifaschistisch aktiv zu werden.

Wer sind Franco Albrecht und seine Unterstützer?

Der Bundeswehrelitesoldat Albrecht hortete Waffen, plante Anschläge auf deutsche Politiker*innen oder in der Öffentlichkeit stehende Personen, wie die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung Anetta Kahane.

In der Planung war Franco besonders kreativ. Mit dem Ziel die rassistische Hetze im Land anzukurbeln, legte er sich für seine rechterorristischen Machenschaften die Identität eines Flüchtlings zu. Fleißig führte er Feindeslisten über potentielle Mordopfer. Er vernetzte sich breit und natürlich in faschistischen Netzwerken.

Was auffällt und uns leider nicht mehr überrascht: Im Netz sind zahlreiche Männer, im Dienste des Staates – die zur Gefahr der Gesellschaft und ganz besonders zur Gefahr von Minderheiten werden.

Der faschistische Oberleutnant Franco Albrecht bewegt sich im Netzwerk um den KSK-Soldaten „Hannibal“. Damit ist er Teil einer gut organisierten und breit aufgestellen Plattform von aktiven und Ehemaligen Soldaten und anderen Teilen eines vermeintlichen deutschen Sicherheitsapparts. Die extrem-rechten Männer oraganisierten sich deutschlandweit unter den Namen „Nord-“, „West-“, „Ost-“ und „Südkreuz“.

In den Presseberichten stach die Untergruppe Nordkreuz besonders hervor. Letztere bereitete sich auf eine vermeintliche Katastrophe, den sogenannten “Tag X”, vor. Dieser steht stellvertretend für einen Moment, an dem Geflüchtete angeblich Deutschland überrennen. Zur Gegenwehr plante Nordkreuz politische Gegner – also Antifaschist*innen und Migrant*innen – mit Bundeswehr-LKWs an bestimmte Orte zu bringen, um sie dort zu erschießen. 200 Leichensäcke und Ätzkalk wurden für diese Tat bereits bestellt und gelagert.

Obwohl Franco Albrecht aktiv damit beschäftigt war, die Ermordung mehrerer Menschen zu planen wurde er bereits nach 6 Monaten wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.
Das Verfahren gegen den ehemaligen KSK-Soldaten Hannibal endete mit einer Geldstrafe wegen „Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz“. Der SEK-Polizist Marco Gross, der Teil der Gruppe Nordkreuz war bekam eine Bewährungsstrafe – weil er 55.000 Schuss Munition und eine illegale Maschinenpistole hortete. Das Verfahren gegen weitere Mitglieder von Nordkreuz wurde ganz eingestellt. Mecklenburg-Vorpommerns inzwischen ehemaliger Innenminister Lorenz Caffier, der eine Waffen aus dem Umfeld von Nordkreuz kaufte, wurde lediglich zu einer Geldstrafe verurteilt.

Auch die Mitglieder des Frankfurter SEK , deren Mitgliedschaft in einer Chatgruppe mit rassistischen und antisemitischen Inhalten im Juni letzten Jahres bekannt wurde, haben dafür kaum Konsequenzen erfahren. Innenminister Peter Beuth kündigte zunächst noch groß dessen Auflösung an. Dies bedeutete jedoch eigentlich nur die Umstrukturierung und Ansiedlung der Einheit bei der hessischen Bereitschaftspolizei. Inzwischen ist bekannt, dass in der Nacht des rechtsterroristischen Anschlags vom 19. Februar 13 Polizeibeamte genau diesen SEKs in Hanau im Einsatz waren. Die Ermittlungen gegen 20 involvierte Polizisten dauern an. Die Verfahren gegen zwei von ihnen wurden allerdings bereits eingestellt.

Ähnliche Verharmlosung bis hin zur totalen Veblendung der Staatsorgane setzt sich jüngst im Fall Franco Albrecht fort: Franco Albrechts rechtsextreme Gesinnung hatte er schon in seiner 2013 geschriebenen Masterarbeit erkennen lassen, die durchtränkt ist mit antisemitischen Verschwörungstheorien. Jahre später wird in einem Gerichtsbeschluss zu Franco auf seinen „Glaube an Deutschtum“, die Vorstellung “Israel regiere die USA“ oder „Hitler stehe über allem“ verwiesen. Bücher wie „Mein Kampf“ oder „Die Wehrmacht – Der Freiheitskampf des Großdeutschen Volkes“ aus dem Jahr 1940 seien bei ihm gefunden worden. Ebenso CDs mit nationalsozialistischen Liedern. Im Frühjahr 2022 findet man bei seiner Verhaftung 23 Abzeichen mit Hakenkreuzen und NSDAP-Motiven, 21 Mobiltelefone, 50 Prepaid-Karten, ein gefälschter Impfpass und schriftliche Notizen die als mögliche Beweismittel im endenden Prozess galten.

Sein Prozess vor dem OLG Frankfurt geht heute zu Ende. Was dort verhandelt wurde lässt tief Blicken:

  • Zwar gab er den zeitweiligen Besitz von drei illegalen Kriegswaffen vor Gericht zu, es kann jedoch von deutlich mehr ausgegangen werden.
  • Er war als Munitionswart im Besitz von Waffen und Munition aus den Beständen der Bundeswehr.
  • Das BKA wusste bereits 2016 von möglichen illegalen Waffenkäufen in Paris.
  • Ein Freund Albrechts gibt an, der deutsche Militärische Abschirmdienst (MAD) wisse bereits seit 2017 von konspirativen, rechtsterroristischen Machenschaften Franco Albrechts.
  • Ein Freund von ihm kann sich ganz plötzlich doch an gemeinsame Partys mit Hakenkreuz-Deko erinnern und sagt aus, dass seine rechte Gesinnung bekannt war. Auch seine Vorgesetzten wüssten darum.
  • Im Plädoyer der Staatsanwaltschaft wird Franco Albrecht als “rechtsradikaler Einzeltäter” bezeichnet.

Der ausgebildete Militär, der eine hochgradige Gefahr für jegliche Form zivilgesellschaftlichen Zusammenlebens darstellt und das ganz besonders für alle die, die nicht seinem Weltbild entsprechen, darf sich über mehr als ein Jahrzent frei bewegen, obwohl seine Menschenverachtung den Sicherheitsbehörden bekannt ist. Viel mehr ist er selbst in ihnen aktiv und baut darauf aktuell mit einem Studium der Rechtswissenschaften an der Goethe Uni auf.
Wieder einmal lässt sich festhalten, dass auf den Staat kein Verlass ist, wenn es um die (juristische) Aufarbeitung rechter Gewalt geht.
NationalsozialistInnen wurden nach 1945 wichtige Funktionäre im Staatsapparat, ohne je für ihre grauenhaften Machenschaften während der Shoah belangt zu werden. Nazis sind beständiger Teil von Parlamenten, Justiz, (Polizei-)behörden und Verfassungsschutz. Entgegen dem Postulat einer „Entnazifizierung“ wurde nahezu jegliche Aufklärungsarbeit verdeckt. Die Motivation ist autoritär und antikommunistisch. Spätestens der NSU sollte eigentlich allen gezeigt haben, dass Verbindungen zwischen Geheimdiensten und Neonaziorganisationen offenkundig sind.

Auch im Fall Franco haben wir keine großen Erwartungen an Staat, Justiz, Polizei und Verfassungsschutz und nicken auch das heutige Urteil nicht einfach ab. Statdessen forden wir Aufklärung, solidarisieren uns mit allen Antifaschistinnen, Antirassistinnen und Angehörigen Betroffener rechter Gewalt die nicht den Mut verlieren und sich dem Kampf gegen extrem Rechte widmen. Lasst uns gemeinsam Recherchieren, Aufklären und Faschisten entschlossen entgegen treten.

788 noch nicht vollstreckte Haftbefehle gegen Nazis sind zu viel!

Gegen jede Organisierung von Rassist_innen, Antisemit_innen und Sexist_innen!

Wir nehmen NSU Morde, den NSU 2.U, Hanau , Halle, Kassel und jeden verdammten sogenannten Einzelfall der letzten Monate zum Anlass, um immer wieder auf nicht aufgearbeiteten und immer noch existierenden faschistoiden Strukturen in Polizei und Bundeswehr hinzuweisen.

Es ist unfassbar, dass Antifaschist_innen wie Lina, Dy und Jo im Gefängnis sitzen, während sich bewaffnete Rechtsterrorist_innen in Deutschland frei bewegen können.

Den Mythos des deutschen Einzelfalls werden wir niemals teilen! Franco Albrecht hat Kameraden! Der NSU war nicht zu dritt!
Schluss mit dem konsequenten Wegducken!
Wir fordern die Auflösung des Verfassungsschutzes und konsequente Bekämpfung extrem rechter Terrorzellen!
Die antifaschistische Organisierung bleibt unabdingbar. Gerade deswegen ist ein Bewusstwerden über verinnerlichten Rassismus, Antisemitismus und Sexismus notwendig.

Seid aufmerksam, greift auf bereits vorhandene Recherchen zurück und betreibt Aufklärung über Nazistrukturen. Rechte Terrorzellen entstehen nicht über Nacht. Es gilt Nazis einzuschüchtern und sie wissen zu lassen, dass sie ihre faschistische Ideologie nicht ungestört ausüben können.

Antifaschismus ist notwendig und gehört entkriminalisiert! Auf den Staat ist ist kein Verlass.

(Un-)Sicherheitsbehörden abschaffen!

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Pressespiegel 12.02.22

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Pressemitteilung zur Festnahme Franco Albrechts am 11.02.22

Die Initiative “Ein Einzellfall kommt selten allein”, nimmt die Verhaftung von Franco Albrecht am 11.02. in Offenbach zum Anlass, um auf die jahrelange Aufklärungsarbeit zu dem extrem rechten Soldaten Franco Albrecht und seiner extrem rechten Vernetzung gezielt aufmerksam zu machen. 

Dass der ausgebildete Bundeswehrsoldat, der über Jahre scharfe Waffen gehortet, sich in rechtsterroristischen Netzwerken und Chatgruppen darunter Nordkreuz und Uniter organisiert hat, nicht in Untersuchungshaft sitzt, ist äußerst besorgniserregend. Es könne nur dadurch erklärt werden, dass Rechtsterroristen historisch durch den deutschen Staat unterschätzt würden. Der Mythos des rechtsextremen Einzeltäters spiele hier eine zentrale Rolle. Durch diesen würde oft erst gar nicht versucht, die sehr großen Netzwerke, welche rechtem Terror maßgeblich Vorschub leisten, aufzudecken und zu zerschlagen. Antifaschist:innen, Student:innen und Betroffene aus Frankfurt, Offenbach und Hanau machen seit geraumer Zeit darauf aufmerksam, dass rechter Terror kein tragischer Einzelfall ist.

 Laura Keil Sprecherin des Bündnis bemerkt: “Zahlreiche Quellen belegen, dass wir uns auf den den Staat nicht verlassen können, wenn es darum geht, konsequent gegen neonazistische Zellen vorzugehen; vielmehr mischt er mit. Wir setzen auf eigene antifaschistische Aufklärung, wie beispielsweise in Form unserer Demonstrationen und  der Kampagne.”

Zahlreiche Quellen belegen, dass wir uns auf den den Staat nicht verlassen können, wenn es darum geht, konsequent gegen neonazistische Zellen vorzugehen; vielmehr mischt er mit. Wir setzen auf eigene antifaschistische Aufklärung, wie beispielsweise in Form unserer Demonstrationen und  der Kampagne.

Am Freitag, den 11.02. kommt es in Offenbach vorübergehend zu  einer Festnahme Franco Albrechts. Ganz plötzlich geht ein Aufschrei durch die Gesellschaft. Grund hierfür ist die Erkenntnis von Bürger:innen darüber, dass der frühere Bundeswehr-Offizier,  der sich vor dem Oberlandesgericht Frankurt wegen des Vorwurfs des Terrorverdachts verantworten muss, auf freiem Fuße bewege.

Die zweite Demonstration gegen rechte Strukturen in sogenannten Sicherheitsbehörden, zieht einen Tag später durch die Frankfurter Innenstadt.  Zu diesem Zeitpunkt weiß die Öffentlichkeit noch nichts von der Festnahme. Presseberichte werden erst am Abend nach der Demonstration öffentlich. Ein Bezug dazu, dass Aktivist:innen zum zweiten Mal auf den Prozess gegen den rechtsextremen Franco Albrecht aufmerksam machen und auf die Straße gehen, wird lediglich in der Lokalpresse behandelt. Auch würde an dem Medienrummel deutlich, dass die allerwenigsten den Fall um den  ehemaligen Bundeswehrsoldaten und seine rechten Machenschaften verfolgen.

Ein Blick auf die Website “keineinzelfall.noblogs.org” zeigt: Die Initiative hat reichlich Material in Form von Rechercheartikeln, politischer Texte und einen Zeitstrahl aufbereitet. Hierdurch wird nicht nur Franco Albrechts rechte Vernetzung deutlich. Auch weisen die Aktivist:innen darauf hin dass der “junge Soldat von neben an” seit Jahren unter dem Mitwissen von Sicherheitsbehörden, wie dem MAD und der Bundeswehr seine Ideologien und Gewaltbereitschaft ausleben könnte. Rechterroristische Taten würden nicht von Einzeltätern begangen. Dahinter stecke neben rechtspopulistischer Stimmunsmache im Land auch bewaffnete Netzwerke rechter Gesinnungsgenoss:innen.

Laura Keil von der Initiative “Ein Einzelfall kommt selten allein” vor dem Hintergrund des jüngsten Pressewirbels um Franco Albrecht: “Ich möchte darauf hinweisen, dass Franco Albrecht nach wie vor in der Goethe Universität Frankfurt seinem Studium der Rechtswissenschaften nachgeht. Er stellt eine Gefahr für alle dar, die nicht seinem Weltbild entsprechen. Darum fordern wir, neben Schutzkonzepten für Studierende, seine Exmatrikulation. Gleichzeitig solidarisieren wir uns mit allen Betroffenen rechten Terrors.”

Ich möchte darauf hinweisen, dass Franco Albrecht nach wie vor in der Goethe Universität Frankfurt seinem Studium der Rechtswissenschaften nachgeht. Er stellt eine Gefahr für alle dar, die nicht seinem Weltbild entsprechen. Darum fordern wir, neben Schutzkonzepten für Studierende, seine Exmatrikulation. Gleichzeitig solidarisieren wir uns mit allen Betroffenen rechten Terrors.

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Pressemitteilung zur Demo am 12.02.22

Pressemitteilung zur Demo am 12.02.22 gegen (extrem) rechte Strukturen in den sogenannten Sicherheitbehörden

Für den 12. Februar ruft die Initiative “Kein Einzelfall” zu einer Demonstration gegen (extrem) rechte Strukturen in Polizei, Verfassungsschutz und der Bundeswehr auf. Beginn ist um 16 Uhr am Holzhausenpark; die Demonstration wird über das Polizeipräsidium (Miquelallee) und das erste Polizeirevier (Konstablerwache) ziehen.

Ziel der Demonstration ist es unter dem Motto “UnSicherheitsbehörden auflösen. “NSU 2.0″ aufklären” Wut über die Normalisierung von Polizeiskandalen und rechten Netzwerken auf die Straße zu tragen. Insbesondere den durch den selbsternannten “NSU 2.0” bedrohten Personen soll Solidarität ausgedrückt werden. Dazu Pressesprecherin Emilia Geier: “Wir nehmen den Prozessauftakt am 16.2. zum Anlass, um den rassistischen Normalzustand innerhalb der Behörden anzukreiden und zu skandalisieren.  Eine bewaffnete Behörde muss sich nicht fürchten, sensible Informationen über politische Gegner*innen weiterzugeben, auf Grundlage derer politische Gegner*innen bedroht werden. Das ist kein Einzelfall und trotzdem skandalös!”

Wir nehmen den Prozessauftakt am 16.2. zum Anlass, um den rassistischen Normalzustand innerhalb der Behörden anzukreiden und zu skandalisieren.  Eine bewaffnete Behörde muss sich nicht fürchten, sensible Informationen über politische Gegner*innen weiterzugeben, auf Grundlage derer politische Gegner*innen bedroht werden. Das ist kein Einzelfall und trotzdem skandalös!

Pressesprecherin Emilia Geier

Rechte Netzwerke sind Teil des rassistischen Normalzustandes innerhalb der Polizeibehörden. “Für uns ist klar: diese Behörden werden nie Sicherheitsbehörden sein – im Gegenteil. Bedrohungen und körperliche Misshandlungen bis hin zu Mord, waren nie nur leere Worte. Daher nehmen wir die Morddrohungen durch den NSU 2.0 ernst – und fordern die Aufklärung des Netzwerks!”, so Geier weiter. Auch wenn mit dem am 16.2. vor dem Oberlandesgericht startenden Prozesses gegen Alexander Mensch nur ein mutmaßlicher Täter angeklagt ist, sind wir uns sicher, dass auch diesmal wieder das Märchen des Einzeltäters durch Politiker*innen wie Beuth & co. verbreitet wird.

Die Pressesprecherin Emilia Geier ordnet dies folgendermaßen ein: “Die elende Mär vom sogenannten Einzelfall hat nur eine Funktion: die Entpolitisierung rechter Netzwerke und Anschläge. Sie bereitet rechtem Terror in Deutschland den Boden, während Linke, wie im Antifa Ost Verfahren, kriminalisiert und vorverurteilt werden. Echte Solidarität bedeutet keine hohlen Phrasen dreschen, sondern sich an die Seite der Betroffenen zu stellen und mit ihnen für Aufklärung zu kämpfen. Wir sagen: rassistische Chats und Polizisten sind keine Einzelfälle!” 

Die elende Mär vom sogenannten Einzelfall hat nur eine Funktion: die Entpolitisierung rechter Netzwerke und Anschläge. Sie bereitet rechtem Terror in Deutschland den Boden, während Linke, wie im Antifa Ost Verfahren, kriminalisiert und vorverurteilt werden. Echte Solidarität bedeutet keine hohlen Phrasen dreschen, sondern sich an die Seite der Betroffenen zu stellen und mit ihnen für Aufklärung zu kämpfen. Wir sagen: rassistische Chats und Polizisten sind keine Einzelfälle!

Pressesprecherin Emilia Geier
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Unsicherheitsbehörden auflösen

NSU 2.0 aufklären

Aufruf zur Demonstration am 12.02.2021, 16 Uhr im Holzhausenpark

Die Polizei und die sogenannten Sicherheitsbehörden sind für viele Menschen eine der größten Gefahren in ihrem Leben. Regierungen wechseln, aber die Polizei bleibt dieselbe. Unmittelbar und immer präsent ist sie als Gefahr für People of Colour, Geflüchtete, Obdachlose und weitere marginalisierte Menschen, die in der BRD von Racial Profiling betroffen sind. Diese erhalten keine fairen Gerichtsprozesse und müssen immer Angst haben, bei der nächsten Polizeikontrolle oder auf den Revieren Gewalt zu erfahren. Daneben sind diese Behörden auch eine Gefahr für alle Menschen, die sich gegen das System von Ausbeutung, Unterdrückung und kapitalistischer Verwertungslogik stellen. Zu sehen war dies nicht nur am 1. Mai in Frankfurt, sondern auch an der grassierenden Repression gegen Antifaschist*innen und emanzipatorische Bewegungen. Polizist*innen sind nicht hier um uns zu schützen, sondern um uns im Zweifel routiniert zusammenzuschlagen. Die Institution Polizei steht der befreiten Gesellschaft im Weg.
Am 16. Februar startet in Frankfurt der Prozess gegen Alexander Horst Mensch, geb. Schrader, den mutmaßlichen Absender der mit “NSU 2.0” unterzeichneten Drohschreiben. Ab 2018 wurden rassistische und frauenfeindliche Briefe an meist migrantische und weibliche Personen geschickt, die in irgendeiner Form Prominenz als linke oder antirassistsche Akteur*innen gewonnen haben. Erschütternd ist dieser Fall, weil teils geschütze Informationen über beispielsweise den Wohnort in den Briefen enthalten waren. Diese Informationen wurden vom ersten Frankfurter Revier aus abgerufen, von einer Polizistin, die in faschistischen Chats organisiert war. Angeblich wurde sie aber von ihm am Telefon hinters Licht geführt, wusste nicht, was sie da tat, und nichts hat mit irgendwas zu tun, alles unglückliche Zufälle. Wir erwarten nichts vom Gerichtsprozess, aber glauben, dass der Fall beispielhaft für faschistische Organisierung in den Unsicherheitsbehörden steht. Wir wollen mit unserer Demonstration die Betroffenen unterstützen und Aufklärung fordern. 
Die seit dem öffentlich werden des NSU 2.0 fast wöchentlich aufgedeckten Nazi-Chats in sogenannten Sicherheitsbehörden kennen wir alle. Ein paar andere Fälle aus der jüngsten Vergangenheit: Allein in Nordrhein Westfalen sind diesen Winter drei junge Männer in Polizeigewahrsam gestorben: im November in Wuppertal. Anfang Dezember in Köln und Mitte Dezember in Düsseldorf. Die Cops halten sich selbst in allen drei Fällen für unschuldig. Während sich Staatsanwalt und Bullen also einen Scheiß um Tote in ihren Gewahrsamszellen jucken, werden in Leipzig Mitte Januar 50 Verfahren gegen Cops eingestellt, die konfiszierte Fahrräder direkt aus der Aservatenkammer ge- und verkauft hatten. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen sticht in einem der absurdesten politischen Prozesse der letzten Jahre – dem antifa-ost Verfahren– ein Schwein in Uniform persönliche Daten an das rechte Drecksblatt Compact durch. Der Prozess gegen Franco Albrecht – einen Bundeswehrsoldaten, der sich mit anderen auf einen Tag X vorbereitete, aber offensichtlich ungeduldig wurde und schon mal anfangen wollte mit dem Morden – läuft immer noch. Aber sein Netzwerk wird im Prozess weitgehend ausgeklammert, deshalb erwarten wir vom Urteil nichts. Apropos laufen: man muss wohl Teil der Unsicherheitsbehörden sein, um wie Franco frei herum zu laufen, während eines Prozesses wegen Terrorverdacht. Mitglieder der Unsicherheitsbehörden scheinen regelmäßig über dem Gesetz zu stehen und fühlen sich so sicher dabei, dass sie sich auch so verhalten.Die Liste der rechten “Einzelfälle” ließe sich beliebig fortsetzen. Dokumentationskollektive, wie death in custody und copservation, kommen kaum hinterher alle Fälle aufzubereiten.
Massenhaft personelle Verbindungen von Polizei und Bundeswehr zur organisierten extremen Rechten lassen sich nicht länger leugnen. Das Ignorieren rechter Strukturen im Staat aber ist Teil einer Dynamik, in der rechte Gewalt verharmlost und dem rechten Terror von Hanau, Kassel oder Wächtersbach der Weg geebnet wird. Es ist kein Zufall, dass das Frankfurter SEK vier Stunden zur Wohnung des Hanauer Rechtsterroristen braucht und ein Jahr später als rechte Struktur auffliegt, aufgelöst wird und nach ein paar Wochen kaum verändert wieder an der Miquellallee zum Dienst antritt. Entnazifizierung findet in Deutschland traditionell nicht statt.  Rechtes Gedankengut und rechter Terror werden durch dreistes wiederholen der Einzellfall-These entpolitisiert. Das Ausmaß der Gefahr wird verkannt oder bewusst verschwiegen. Dabei muss längst klar sein: Es sind keine Einzelfälle! Diese sogenannten Sicherheitsbehörden sind für uns das Gegenteil – Es sind Unsicherheitsbehörden! Von ihnen geht organisierte Angst, Gewalt und Terror aus. Sicherheit bieten sie einzig den bestehenden kapitalistischen Verhältnissen, der extremen Rechten und einem Europa, das längst zu einer lebensfeindlichen Festung geworden ist. Dass mit diesen Behören kein Frieden zu machen ist, zeigt sich auf der Straße, an ihrem autoritäten Verhalten und ihren rassistischen Kontrollen, und besonders auch an ihrem Eifer, mit dem sie rechte Netzwerke schmieden und sich gegenseitig dabei decken, wegschauen, ignorieren, verharmlosen.
Wir aber werden das nicht mehr hinnehmen! Was es braucht, ist die Entwaffnung aller Rechten, Gerechtigkeit für die Betroffenen rechter Gewalt und eine umfassende Entnazifizierung in allen Teilen der Gesellschaft! Wir wollen der alltäglichen Normalisierung jedes sogenannten Einzelfalls entgegenwirken und den Nazi-Bullen keine Ruhe lassen! 
Deshalb wollen wir mit euch am 12. Februar auf die Straße gehen. Wir treffen uns um 16:00 im Holzhausenpark um unserer Wut Ausdruck zu verleihen und dem Schweigen ein Ende zu bereiten. Das Schweigen und die Tatenlosigkeit müssen ein Ende haben, weil sich etwas ändern muss. Wir freuen uns über alles, was dazu beiträgt; vorher, währenddessen und danach. Rechte Strukturen lösen sich nicht von selbst auf.
So viele rechtsextreme Einzelfälle!Kein Vergeben, kein Vergessen! No Justice, No Peace!

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Bericht zur Mahnwache zum Gedenken an Giórgos Zantiótis am 12.11.

Am 12.11. haben wir mit etwa 200 Leuten auf der Konstablerwache Giórgos Zantiótis gedacht und die Aufklärung seines Todes gefordert!

Giórgos Zantiótis starb am 01.11. nach einer brutalen Festnahme in Gewahrsam der Wuppertaler Polizei. Die Polizei hat seinen Tod erst sechs Tage danach und nur unter Druck veröffentlicht, und sofort versucht, sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen. Doch die Geschichte der Polizei ist widersprüchlich und dient einzig dem Zwecke sich von jeglicher Verantwortung freizusprechen. Es werden rassistische Narrative bedient und dem Toten wird letztlich die Schuld an seinem Tod selbst zugeschoben.
Um der Vertuschung des Vorfalls durch Polizei und Behörden entgegenzuwirken, Giórgos Zantiótis zu Gedenken und auch, um unsere Wut über den Polizeiapparat auszdrücken – bei dem wir keinerlei Hoffnung auf Aufklärung geschweige denn Gerechtigkeit für Giórgos Angehörigen hegen – haben wir uns auf der Konstablerwache versammelt und Blumen und Kerzen niedergelegt.

Außerdem haben verschiedene Gruppen Redebeiträge gehalten, die den Tod im Gewahrsam mit dem grassierenden Rassismus der Gesellschaft und der alltäglichen (rassistischen) Polizeigewalt kontextualisiert haben. Von der Entmenschlichung von geflüchteten Menschen an den EU-Außengrenzen, über Racial Profiling hin zu rechtem Terror wie in Hanau. Insbesondere die Polizei stellt dabei eine Gefahr dar, für Schwarze Menschen, People of Color, aber auch Menschen in psychischen Ausnahmesituationen und andere Marginalisierte. Polizeiarbeit in diesem Land bedeutet immer auch Unterdrückung und Gewaltausübung. Stets trifft diese Gewalt bestimmte Menschen besonders, wie die hohe Zahl von “unaufgeklärten” Todesfällen im Gewahrsam zeigt – erst vor kurzem ist ein neues Gutachten herausgekommen, dass zum wiederholten Mal zeigt, dass Oury Jalloh ziemlich eindeutig ermordet wurde.
Einige Redebeiträge haben dies in den Zusammenhang gesetzt mit den immer wieder auftauchenden rechten Netzwerken in der Polizei, Justiz und Bundeswehr und ihren Verknüpfungen zu rechtsradikalen Strukturen.

Zum Abschluss der Mahnwache wurde ein Gedicht der afrodeutschen Dichterin May Ayim vorgelesen, dessen Worten wir uns nur anschließen können: Deutschland im Herbst, uns graut vor dem Winter. Das ganze Gedicht könnt ihr auf der Seite von Dresden Postkolonial lesen: https://dresden-postkolonial.de/deutschland-im-herbst/


Unser Redebeitrag hat sich mit den sogenannten deutschen Sicherheitsbehörden beschäftigt und all ihren vermeintlichen Einzelfällen beschäftigt. Wir teilen ihn hier noch einmal:

Wir befinden uns in einer gesellschaftlichen Situation, in der die Polizei und die sogenannten deutschen Sicherheitsbehörden einer der größten Gefahren im Leben von vielen Menschen in unserer Gesellschaft darstellen. Ummittelbar und immer präsent ist diese Gefahr für People of Colour, Geflüchtete, Obdachlose und weitere maginalisierte Menschen, die in der Bundesrepublick Deutschland immer die Angst haben müssen, bei der nächsten Polizeikontrolle oder auf dem nächstgelegenden deutschen Polizeirevier Gewalt zu erfahren oder letztlich sogar ermordet zu werden. Genau dies ist vergangene Woche in Wuppertal erneut passiert.

Wir stehen hier heute traurig und wütend um Giórgos Zantiótis zu Gedenken.

Wir prangern heute aber auch an, dass genau wie nach Mord an Oury Jalloh im Januar 2007 auf einer Dessauer Polizeiwache, auch in Wuppertal die Täter_innen der Wuppertaler Polizei von deutschen Behörden und der deutschen Justiz keinerlei Konsequenzen zu fürchten haben. Es ist uns bereits heute bewusst, dass wir von der zuständigen Staatsanwaltschaft und der eingeleiteten polizeilichen Untersuchung, bei der die Cops gegen ihre eigenen Polizeikamerad_innen ermitteln, keine Aufklärung erwarten können. Bereits kurz nachdem der Tod Zantiótis in Gewahrsam bekannt wurde – wie bei so vielen vorherigen Todesfällen auf deutschen Revieren – von Behördenseite direkt die Behauptung verbreitet, dass die Todesursache der Drogenkonsum des Opfers sei. Durch die Verbreitung solcher Behauptungen ohne Grundlage forensischer Gutachten sprechen die Beamt_innen sich so schnell wie möglich von ihrer eigenen Schuld frei. Es handelt sich um eine wiederkehrende mediale Strategie der Behörden, die den durch deutsche Polizeibeamt_innen verschuldetene Tod von Giórgos Zantiótis zu einem tragischen Unfall deklarieren, der letzlich aber doch vom Opfer selbstverschuldet gewesen sei. Gleichzeitig festigen sie so das gesamtgesellschaftlich ohnehin weit verbreite rassistische Grundrauschen: POCs und Schwarze Menschen die, egal warum konkret, in Kontakt mit den Cops kommen sind natürlich kriminell und drogenabhänig. Was es im Narrativ der sogenannten Sicherheitsbehörden nicht gibt, ist was es für Familie Mustermann und Horst Seehofer nicht geben darf: Rassistisch motiviert handelnde Polizist_innen, die Menschen in Gewahrsam ermorden oder deren Tod mindestens mutwillig in Kauf nehmen und die der Corpsgeist ihrer Kolleg_innen vor Konsequenzen schützt.

Giórgos Zantiótis ist neben Kamal Ibrahim in Harsefeld, Omar K. in Hamburg, Qosay Sadam Khalaf in Delmenhorst, Sivan in Weil im Schönbuch und Abdul I. in Groß-Gerau dieses Jahr bereits das sechste Todesopfer in Obhut eines mörderischen deutschen Polizeiapperats. Die parlamentarische Politik und deutsche Justiz lassen ihm freie Hand und so können seine Beamt_innen sich fortschreitend faschisieren!

Die vergangenen drei Jahre sind geprägt von rein zufälliger Aufspürung und Kenntniserlangung über (hessische) extrem rechte Bullenchatgruppen, dem Bekanntwerden diverse personelle Überschneidungen von Polizist_innen mit organisierten Rechtsradikalen und dem Verschwinden von Waffen aus deutschen Aservatenkammern, die für einen sogenannten Tag X gesammelt werden.
Wir stehen hier heute in Solidarität mit den Angehörigen und unseren Genoss_innen in Wuppertal. Aber wir wollen auch betonen, dass wir uns in Frankfurt nicht irgendwo, sondern an dem Ort befinden, an dem derzeit der beurlaubte Bundeswehr Soldat Franco A. aus Offenbach vor Gericht wegen Vorbereitung eines terroristischen Anschlags steht. Trotz dessen ist er auf freiem Fuß und kann sogar problemlos an der Goethe Uni Jura studieren.
Die auch in diesem Fall von Polizei, Justiz, Politiker*innen und Medien stets neu aufgerollte Einzelfall-These sorgt immer wieder dafür, dass rechtes Gedankengut und rechter Terror entpolitisiert werden und das Ausmaß der Gefahr verkannt oder bewusst verschwiegen wird. Dabei ist uns längst klar: Es sind keine sogenannten Einzelfälle!
Was wir vorfinden ist nicht nur ein Ausschlagen von flächendeckenden Ermittlungen in allen deutschen Sicherheitsbehörden. Rassismus, Antisemitismus und jegliches neonazistisches Gedankengut werden verschwiegen und oder verharmlost. Diese sogenannten Sicherheitsbehörden sind für uns das Gegenteil – Unsicherheitsbehörden.

Wir aber werden dies nicht weiter einfach hinnehmen! Als Kampagne “Ein Einzelfall kommt selten allein” wollen wir der alltäglichen Normalisierung des zutiefst menschenfeindlichen Polizeiapperats, jeden Mordes und all densogenannten rechten “Einzelfällen” entgegenwirken und den Täter_innen und ihren Freund_innen keine Ruhe lassen! Bei jedem weiteren Mord durch die Polizei, bei jedem “ungeklärten” Todesfall in den Zellen der Reviere, jedem NSU 2.0 Drohbrief, jedem einzelnen Nazi-Chat, also bei jedem verdammten rechten “Einzelfall” in den sogenannten deutschen Sicherheitsbehörden werden wir keine Ruhe geben, und wollen mit euch auf die Straße gehen!

Wir sagen: Kein Vergeben, kein Vergessen!
No Justice, No Peace!