Redebeitrag bei der Frankfurter Demo am 23.09.2023 anlässlich der wochenlangen Polizeischikane gegen Pressesprecherin und Genossin Jule
Nahezu täglich gibt es Nachrichten zu problematischem Polizeiverhalten und Polizeigewalt und immer wieder entpuppen sich Polizeimeldungen nach fraglichen Einsätzen im Nachgang als falsch und gelogen. Dann haben wir da noch die Meldungen über irgendwie verlorengegangene Waffen inklusive Munition aus den Beständen der Polizei. Und nicht zu vergessen sind da noch die ganzen rechten Chatgruppen, in denen der Nationalsozialismus verhamlost wird und das eigene rassistische Weltbild mit den gleichgesinnten Kamerad*innen geteilt wird. “Ist ja nur privat und nur schwarzer Humor”, sagen sie und dann schießen sie auf einen akut suizidalen und erst 16-jährigen Schwarzen Menschen mit einer Maschinenpistole oder auf einen vorher bereits von einem Polizeihund verletzten Schwarzen Menschen. Die Rede ist von Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund und Amin F. in Frankfurt in der Moselstraße. Beide sind jetzt tot und können über euren scheiß Humor nicht lachen.
Ja es kommt uns vor als würden wir, die Kampagne “Kein Einzelfall”, nach jedem neuen und gleichzeitig altbekannt wirkendem Vorfall die immer gleiche Schallplatte vorspielen. Ja, kann sein, aber es muss wohl so sein und deshalb machen wir heute und immer wieder eins klar: Der antifaschistische Kampf gegen Faschismus und gegen Repression in Uniform oder sonstwie ist unverzichtbar!
Es ist Wahlkampfzeit und auf Hessens Straßen lesen wir, neben dem AfD-Scheiß, auf CDU Wahlplakaten den Slogan “Unsere Polizei braucht: Respekt” oder auch “Innere Sicherheit. Äußere Gelassenheit” neben dem Gesicht von Boris Rhein. Schauen wir mal, ob Gelassenheit wirklich angemessen ist, wenn wir das Thema “innere Sicherheit” in den vergangenen Jahren der schwarz-grünen Landesregierung beleuchten: Wir sehen kaum Interesse an der lückenlosen Aufklärung und konsequenten Zerschlagung rechter Netzwerke in den eigenen Sicherheitsbehörden, ein Beispiel ist hier der Umgang mit dem SEK Frankfurt, das jetzt SEK Süd heißt. Das gleiche Fragezeichen bis heute bei den Datenabfragen im 1. Polizeirevier Frankfurt im Namen vom sogenannten “Nationalsozialistischen Untergrund” “NSU 2.0”. Rechte Terrortaten, wie in Hanau, werden in Hessen als tragische Vorkommnisse eines Einzeltäters deklariert und zum Jahrestag des angeblichen Einzelfalls wird die eigene Betroffenheit als Sühne zur Schau gestellt, anstatt die Fragen zu beantworten, die die Angehörigen und Betroffenen seit Jahren den politischen Verantwortlichen stellen. Durch das politisch instrumentalisierte Narrativ des Einzelfalls wird, das wollen wir als antifaschistische Kampagne deutlich machen, rassistische, sexistische und antisemitische Menschenverachtung relativiert und am Ende das Gegenteil von dem bewirkt, was ihr behauptet, nämlich innere Sicherheit. Denn die gibt es nicht, zumindest nicht für die von dieser Menschenverachtung betroffenen Menschen und auch nicht für diejenigen, die dagegen kämpfen und diesem Kampf eine Stimme geben, so wie Jule das tut.
Wenn die sogenannten Sicherheitsbehörden dann doch mal ins Arbeiten kommen, dann schikanieren sie wochenlang und mit einem absurd hohen Aufwand und Ressourceneinsatz eine junge Antifaschistin, auf dass sie bloß nicht nochmal auf die Idee kommt, sich in der Öffentlichkeit dazu zu äußern, dass Nazis in- und außerhalb der Parlamente ein Problem sind oder dass es bezahlbaren Wohnraum für alle braucht. “Unsere Polizei braucht Respekt”, sagen sie. Wir antworten: Eure Polizei ist voll mit braunem Dreck und gehört abgeschafft!
An dieser Stelle übrigens ein nett gemeinter Hinweis an die Medienvertreter*innen, insbesondere an die Frankfurter Rundschau, falls jemand heute hier anwesend ist. Sie haben nämlich vor einer Weile im Nachgang an eine unserer Veranstaltungen die Frage gestellt, warum wir uns dabei als Personen so bedeckt halten: Repressionen, wie Jule sie gerade erleben musste, weil sie sich offen zeigte, sind der Grund dafür, warum wir als Antifaschist*innen eben zweimal darüber nachdenken müssen, wann und wo wir unser Gesicht zeigen können. Für das Vertreten von Positionen, die Menschenfeindlichkeit jeglicher Art verurteilen und das gute Leben für alle fordern, landet man nämlich schneller als sich manche eventuell vorstellen können im Visier der Unsicherheitsbehörden.
Bedeckt halten wir uns zwar, aber ducken werden wir uns nicht! Denn nach jedem der unzähligen rechten Einzelfälle bei der Polizei und Co. verstärkt sich für uns die Notwendigkeit eines selbstorganisierten und verantwortungsbewussten Antifaschismus. Und dabei lassen wir uns durch Repression und Schikane nicht einschüchtern. Stattdessen organisieren wir den Widerstand gegen Angriffe von rechts. Und wir sind solidarisch mit Jule und allen anderen von Repression betroffenen Antifaschist*innen!
Für uns, die Kampagne “Kein Einzelfall”, ist klar, dass die Unsicherheitsbehörden abgeschafft gehören. Nicht nur heute, an allen Tagen muss das deutlich werden, aber ganz besonders am Lieblingstag der Polizei, dem 13.12. Dieser Tag ist, wie der hessische Verfassungsschutz im aktuellen Bericht nun offiziell betitelt, der, Zitat, “All-Cops-Are-Bastards-Tag”. Und weil das so ist, wollen wir wie letztes Jahr schon auch dieses Jahr am 13.12. wieder in Frankfurt auf die Straße gehen und den Cops zeigen, was wir von ihnen halten. Schließt euch an und seid kämpferisch, gegen jeden Faschismus und Rassismus, egal ob mit oder ohne Uniform!