Pressemitteilung des Bündnis “Kein Einzelfall” vom 21.11.2023
So… viele… extrem rechte Chatverläufe!
Die Kampagne »Kein Einzelfall« ruft zum zweiten Mal in Folge am 13.12. dazu auf, gemeinsam gegen extrem Rechte in Polizei und sogenannten Sicherheitsbehörden auf die Straße zu gehen.
Das seit diesem Jahr geltende und jetzt schon absehbar verfassungswidrige hessische Versammlungs„freiheits“gesetz, die neue Waffenverbotszone im Frankfurter Bahnhofsviertel, mit der es zu nur noch mehr „racial profiling“ kommt, zunehmende Repression gegen linke Aktive, die sich gegen den Rechtsruck engagieren – und über 18% für die faschistische AfD bei der diesjährigen Landtagswahl in Hessen sind für die Kampagne »Kein Einzelfall« Grund genug, um zu demonstrieren und gegen rechts ein Zeichen zu setzen. Außerdem zeigen Schüsse durch die Polizei auf Schwarze Menschen und Menschen mit Migrationsgeschichte, ins Leere laufende Ermittlungen gegen gewalttätige Polizist*innen im Dienst und das noch immer ungeklärte Abrufen personenbezogener Daten im Kontext des „NSU 2.0“ für die Kampagne »Kein Einzelfall« weiterhin sehr deutlich, dass die Polizei kein Freund und kein Helfer ist, sondern das Problem!
Spätestens seit der Ausstrahlung der Sendung „ZDF Magazin Royale“ vom 29. September 2023 mit Moderator Jan Böhmermann ist bundesweit bekannt geworden, dass 7 Mitglieder einer menschenverachtenden Chatgruppe mit dem selbstgewählten Namen „Itiotentreff“ beim 1. Polizeirevier in Frankfurt, in der Dienstgruppe 3, arbeiten. Im Chat finden sich etliche Aufrufe zur Gewalt gegen Frauen und gegen Minderheiten. Die Polizisten bejubeln die Shoa, machen sich über Menschen mit Behinderung lustig und feiern sich für ihre Vergewaltigungsfantasien. „Gegen ihre Umtriebe und ihre rassistische, antisemitische, sexistische und behindertenfeindliche Korrespondenz möchten wir ein klares Zeichen setzen“, sagt Lucy Stern, Pressesprecherin für die Kampagne.
Solche Chats sind kein Einzelfall! Es gibt etliche Chat-Gruppen, in denen sich ehemalige und aktive Polizist*innen vernetzen und ohne Sorgen vor dienst- oder strafrechtlichen Konsequenzen menschenfeindlich äußern und diese Inhalte untereinander austauschen. Dazu gehören allein in den vergangen Jahren über 50 Beamt*innen von LKA, Bereitschaftspolizei, Landespolizeipräsidium, Präsidien von Ost- und Südhessen sowie anderen Einheiten des Frankfurter Präsidiums. Isa Krieger, Pressesprecherin für die Kampagne ergänzt: „Unter den zahllos chattenden Polizist*innen befinden sich auch diejenigen aus der ehemaligen Frankfurter SEK-Einheit, die zum Versagen des Einsatzes beim rechten Terroranschlag von Hanau am 19. Februar 2020 beitrugen“.
Vonseiten des Rechtsstaats passiert derweil wenig: Allein in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2023 wurden in 373 Fällen gegen Polizeibeamt*innen ermittelt. Davon eingeleitet wurden 291 dieser Verfahren allerdings auf Initiative von Bürger*innen – und nicht vonseiten der Sicherheitsbehörden. Isa Krieger hierzu: „Es kann nicht sein, dass betoffene Bürger*innen selbst dafür verantwortlich gemacht werden, den Machtmissbrauch der Polizei aufzudecken. Noch dazu sind Gerichtsprozesse gegen die Beamt*innen so gut wie nie von Erfolg gekrönt. Wir forden deshalb unabhängige Kontrollstellen für die Polizei“.
„Auch wenn wir noch nie viel auf die Staatsgewalt gegeben haben“, so ergänzt Lucy Stern, „sind wir wütend und bestürzt darüber, dass das Frankfurter Landgericht das Chatten im Fall ‘Itiotentreff’ nicht für strafbar erklärt“. „Vergewaltigungsfantasien, das Beschönigen des Nationalsozialismus sowie das Relativieren seiner Verbrechen scheinen eben nicht nur Normalzustand in der Frankfurter Polizei zu sein, sondern für die deutsche Justiz auch völlig legitim“, so Isa Krieger. „Wir wollen auch deshalb mit der Demonstration am 13.12. zeigen, dass wir dieses Polizieren und diese Zustände insgesamt nicht mehr ohne Widerstand hinnehmen werden“.
Rechte Polizist*innen sind sowohl Ergebnis als auch Motor einer immer rechter werdenden Gesellschaft.
Das kapitalistische System, das von der Ausbeutung von Mensch und Natur lebt und auch parlamentarisch zunehmend faschistisch aufgestellt ist, verstärkt soziale Ungleichheit, erzeugt Menschenverachtung und begünstigt rechten Terror.
Rechte Umtriebe in der Polizei, in anderen Sicherheitsbehörden, auf der Straße und in den Parlamenten lassen sich ohne konsequenten Antifaschismus und Courage sowie breite Öffentlichkeit und Aufklärung nicht bekämpfen. Die Kampagne »Kein Einzelfall« ruft daher am 13.12.2023, ab 18 Uhr in Frankfurt zum Protest gegen extrem Rechte auf und fordert: 1. Polizeirevier in Frankfurt dichtmachen! Defund and Abolish the Police!
13.12.2023 | 18:00 Uhr | Frankfurt am Main | Kaisersack (gegenüber vom Hbf) | #ffm1312