Liebe Genoss:innen!
Wir sind der Solikreis des Frankfurter Beschuldigten in dem seit über 3 Jahren andauernden Ermittlungsverfahren nach Paragraph 129a in Frankfurt, Berlin und Leipzig.
Paragraph 129a: Das ist der Verdacht der Bildung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Seit über drei Jahren wird unter diesem Vorwand das soziale Umfeld unseres Genossen durch die Verfolgungsbehörden bespitzelt und durchleuchtet. Als Anlass werden ein Brandanschlag auf die Außenstelle des Bundesgerichtshofs sowie ein Angriff auf eine benachbarte Burschenschaft in Leipzig im Neujahr 2019 angegeben. Seit über drei Jahren läuft das Verfahren ohne auch nur das geringste Indiz oder Ermittlungserfolg vorweisen zu können. Es dient lediglich der Einschüchterung und Durchleuchtung unserer Strukturen und der Unterdrückung emanzipatorischer Kämpfe in der BRD. Durch die Aussagen des Vergewaltigers und Verräters Johannes Domhöver hat sich der Kreis der Beschuldigten mittlerweile auf die Städte Leipzig und Berlin ausgeweitet. Nach der Frankfurter Szene wird nun also auch in anderen Städten herumgeschnüffelt, Ermittlungen konstruiert und die große Gefahr vor dem Linksterror heraufbeschworen. Wir wünschen den Genoss*innen viel Kraft und solidarische Grüße!
Auch in vielen weiteren Städten finden mittlerweile Ermittlungsverfahren nach Paragraph 129 statt. Was früher die Ausnahme zu sein schien ist heute zur repressiven Normalität geworden. Mittlerweile werden am laufenden Band Verfahren nach Paragraph 129 und 129a und b eröffnet, wobei die dabei zur Last gelegten Taten immer belangloser werden und die eingesetzten Mittel der Repressionsbehörden nur noch mit dem Wort Polizeistaat beschrieben werden können. Eingetretene Türen, Hausdurchsuchungen mit gezogener Waffe, Festnahmen auf offener Straße durch Zivilbeamte, Öffentlichkeitsfahndungen und drohende Auslieferung in de facto faschistisch regierte Regime wie das Ungarn Victor Orbans. Das sind die Methoden des deutschen Rechtsstaats und der sozialdemokratischen Innenministerin Nancy Faser.
Die diesjährige Verurteilung und Verfolgung der antifaschistischen Genoss*innen in Ostdeutschland ist nur das prominenteste Beispiel. Doch der Hunger des Staates nach Feinden ist damit noch lange nicht gestillt. Erst vor wenigen Wochen wurde eine deutschlandweite Öffentlichkeitsfahndung gestartet, auf der Suche nach untergetauchten Genoss*innen die in Budapest beschuldigt werden, Nazis am sogenannten „Tag der Ehre“ angegriffen zu haben. Ziel dieser Hetzkampagne ist weniger die tatsächliche Ergreifung und Festnahme der Genoss*innen, sondern vielmehr das anheizen und aufhetzen der Öffentlichkeit gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten in Deutschland. Der deutsche Michel auf seinem Weg zur Arbeit soll sich wie in alten Zeiten wieder durch Denunziation hervor tun dürfen, damit die Menschenjagd bald beginnen kann. Staat und Medien arbeiten Hand in Hand wenn es darum geht die autoritäre Formierung in der Gesellschaft voranzutreiben und im Klima des Rechtsrucks sehen sie ihre Chance gekommen endlich ein Exempel zu statuieren und den Störern ihres falschen Friedens ein Ende zu setzen.
Die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt stehen seit ihrer Gründung 1950/51 in dieser Tradition. Im Nachkriegsdeutschland bestand ihre Aufgabe darin, linke Opposition und widerständige Strukturen zu bekämpfen, um ein Wiedererstarken kommunistischer Bewegungen in Westdeutschland zu verhindern und die Westbindung der BRD in Zeiten des Kalten Krieges zu gewährleisten. Dass die zuständigen Polizei- und Justizbehörden maßgeblich von NS-Verbrechern, SS- und Gestapo-Leuten aufgebaut wurden, konnte dem nur zuträglich sein. Die 129er Paragraphen sind seitdem die eierlegende Wollmilchsau der Repression mit ihren erweiterten Ermittlungsbefugnissen und der faktischen Aushebelung rechtsstaatlicher Grundsätze. Im Zuge des staatlichen Kampfes gegen die RAF und den bewaffneten Kampf in der BRD wurde schließlich durch eine Gesetzesverschärfung der Paragraph 129a eingeführt. Eine juristische Waffe um große Teile der damaligen radikalen Linken unter Generalverdacht zu stellen und ein Klima der Angst zu erzeugen, das zur Entsolidarisierung und Verrat führen sollte. Als rassistisches Pendant dient der Paragraph 129b, „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“, der insbesondere gegen die türkische Linke und die kurdische Befreiungsbewegung eingesetzt wird. Dass für die Verfolgung nach 129b noch nicht einmal eine strafbare Handlung in Deutschland vorliegen muss und viele der angeblichen Beweise unter Folter in türkischen Gefängnissen erzwungen wurden, ist ein Skandal und dient den deutschen Behörden als Werkzeug, ihren autokratischen Bündnispartnern auf der ganzen Welt, die Verfolgung politischer Feinde zu ermöglichen. Somit wird die deutsche Polizei zum verlängerten Arm und Handlanger des faschistoiden Erdogan Regimes in der Türkei.
Heute wie damals werden von Verfassungsschutz und BKA Analysen und Prognosen über die staatliche Sicherheit und Ordnung betreffende Bedrohungen erstellt, die stets ein Schreckensbild und eine steigende Gefahr von Links zu zeichnen versuchen. Dadurch rechtfertigen diese Behörden nicht nur ihre eigene lächerliche Existenz, sondern auch die Milliarden an Steuergeldern die ihnen jährlich in den Rachen geworfen werden. Der Diskurs in sogenannten „Sicherheitskreisen“ über untergetauchte Linke und eine dadurch gestiegene Gefahr der Radikalisierung und Abschottung ist nur eine weitere Lüge in ihrem politischen Theater, dessen eigentliches Ziel die Zerschlagung jeglicher emanzipatorischer und widerständiger Bewegung ist. Von handfestem Antifaschismus über Vereinsarbeiten und das Organisieren von Demos, bis hin zu anarchistischen Zeitschriften und Solidaritätsbekundungen wird versucht alles im Keim zu ersticken was nicht ins Bild der kapitalistisch-autoritären Ordnung passt und die Macht und Eigentumsverhältnisse infrage stellt.
Die Repression betrifft nie nur Einzelne, sondern alle, die für sich und für Andere ein besseres und gerechteres Leben einfordern und sich dafür einsetzen. Eine Gegenwehr gegen diese Repression muss deswegen durch Stärkung unserer Solidarität in Gemeinsamkeiten und Unterschieden aufgebaut werden, denn sie ist unsere stärkste Waffe!
Auch wir als Solikreis sind heute auf der Straße gegen Polizei und Justiz um die zentralen Akteure der Repression zu benennen. Sie, die faschistische Chatgruppen gründen und Waffen bunkern, die immer wieder aus rassistischen Motiven Menschen ermorden und sich dann gegenseitig decken, die mit ihrer politischen Agenda die Gesellschaft in den Faschismus treiben, sind die Feinde jeder freiheitlichen und emanzipatorischen Bewegung. Es kann mit ihnen keinen Frieden geben.
Deswegen bleiben wir unversöhnlich! Ob in Uniform oder Zivil, ob auf der Straße oder hinter Schreibtischen: Kein Fußbreit den Faschisten! Bullen, Schweine, Lügner, Mörder!
Freiheit für alle politischen Gefangenen. Hier und Überall!
Hoch die internationale Solidarität!