Von NSU-Watch Hessen
Im aktuell laufenden Gerichtsprozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ist Franco Albrecht alleine angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, Waffen, Kriegswaffen und Sprengstoff gestohlen und illegal besessen zu haben, sich als Geflüchteter ausgegeben und dabei den Staat um Geld betrogen zu haben. Doch vor allem wird ihm vorgeworfen, einen terroristischen Anschlag, etwa die Ermordung von Politiker*innen und Aktivist*innen, vorbereitet zu haben.
Doch ob er alle Punkte, die ihm als Anschlagsvorbereitung vorgeworfen werden, wirklich alleine ausgeführt hat, wie es in der Anklage heißt, ist fraglich. In Albrechts Umfeld finden sich extrem Rechte, Soldaten, Waffenhändler und AfD-Politiker, mit denen er eine gemeinsame Gesinnung zu teilen scheint und die ihn teilweise zum Beispiel bei der Verwahrung von illegalen Waffen unterstützten. Gleich mehrere von ihnen kommen aus dem Rhein-Main-Gebiet. Während der Staat in politischen Verfahren gegen linke Aktivist*innen oft und gerne davon Gebrauch macht, mitunter lose Gruppen und Bekanntschaften zu kriminellen oder terroristischen Vereinigungen nach §129 StGB zu erklären, sieht sie Albrecht als Einzeltäter. Zeitweise wurde zwar gegen mehrere Personen als mögliche Mittäter ermittelt, zwei saßen zeitweise auch in Untersuchungshaft. Doch die Bundesanwaltschaft hat alle Ermittlungen gegen sie eingestellt bzw. beendet. Dabei gibt es weiterhin offene Fragen, die Grund zur Annahme geben, dass Albrecht nicht als Einziger von seinen Plänen wusste und er die ihm vorgeworfenen Taten mutmaßlich nur vorbereiten konnte, weil er auf Unterstützer vertrauen konnte.
Die Jugendfreunde Mathias Fl. und Christoph Ka.
Zu nennen wäre beispielsweise Albrechts Freund Mathias Fl. Die beiden kennen sich noch aus Jugendzeiten, ruderten in Offenbacher Rudervereinen, Albrecht bei 1874 e.V., Mathias Fl. bei Hellas Offenbach e.V. Mathias Fl. ist im Gegensatz zu den meisten Personen in Albrechts Umfeld kein Soldat, sondern er studierte an der TU Mittelhessen in Friedberg. In Chatprotokollen, die in den Prozesses gegen Albrecht und Flöhr zitiert wurden, äußerte Fl. Wimmer wieder rassistische Gewaltfantasien und forderte beispielsweise, man solle „eine Atombombe“ in eine Gruppe Geflüchtete „reinwerfen“. Albrecht reagierte darauf mit dem Satz: „Ruhig Brauner, nicht auf Whats App“. Fl. verschickte zudem ein Video an Albrecht zu Verschwörungsideologien über Migration. Fl. Forderte zudem, alle die in Frankfurt Geflüchtete begrüßten, müsse man töten und äußerte, der Attentäter vom Breitscheidplatz hätte lieber in den Bundestag fahren sollen als auf den Weihnachtsmarkt. In den gleichen Chats tauschte er sich mit Albrecht über legale frei verkäufliche Waffen, wie Sportbögen, als Vorbereitung auf einen Kriegsfall aus. Der Bogen komme erst raus, wenn der Krieg ausbräche, so Mathias Fl. in den Chats.
Fl. wusste laut den Ermittler*innen auch von Albrechts Tarnidentität als Geflüchteter unter dem Alias David Benjamin. Albrecht sagte aus, er habe ihm davon bei einem gemeinsamen Kneipenbesuch in Offenbach erzählt. Nach Albrechts Anhörung unter dessen Alias beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im November 2016 gratulierte ihm Fl. in Chatnachrichten zu der gelungenen Täuschung.
Nachdem Franco Albrecht Anfang Februar 2017 bei dem Versuch, eine Pistole aus einem Versteck zu holen, am Wiener Flughafen festgenommen wurde, rechnete er womöglich bereits mit einer Hausdurchsuchung. Jedenfalls bemühte er sich daraufhin, die in seinem Elternhaus versteckten illegalen und mutmaßlich bei der Bundeswehr gestohlenen Waffen sowie NS-Literatur loswerden. Hierzu kontaktierte er laut der Aussage von BKA-Beamten vor Gericht Christoph Ka., einen weiteren Jugendfreund aus dem Ruderverein, der zu dem Zeitpunkt als Elektroingenieur bei der Deutschen Bahn tätig und somit für kritische Infrastruktur mitverantwortlich ist. Auch mit diesem tauschte sich Albrecht in Chats auf rassistische Weise aus. Die Chats geben zudem Anlass zur Vermutung, dass auch Christoph Ka. von Albrechts Doppelidentität wusste.
Albrecht versteckte die Gegenstände erst im Rudervereins-Spind von Christoph Ka.. Diesem wurde die Sache jedoch anscheinend zu heiß, er befürchtete wohl, dass die Gegenstände dort gefunden werden.
Daraufhin holte Mathias Fl. laut Aussagen im Prozess gegen ihn die Gegenstände im April ab und verwahrte sie in seinem Wohnheimszimmer in Friedberg. Darunter befanden sich Patronengürtel, über 1000 Schuss Munition für verschiedene Waffen (teils Übungsmunition, teils scharf) und über 50 verschiedene Granaten und Sprengzünder. In Fl.s Elternhaus wurde Albrechts Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ gefunden.
Wie Albrecht wurde Fl. Ende April 2017 festgenommen und seine Wohnheimzimmer sowie die Wohnung seiner Eltern durchsucht. Dabei wurden die genannten Gegenstände gefunden, sowie eine Machete und ein Sportbogen aus dem Besitz von Fl. Dieser saß daraufhin knapp drei Monate in Untersuchungshaft, bevor er Mitte Juli 2017 aus der Haft entlassen wurde. Angeklagt wurde er jedoch nicht gemeinsam mit Albrecht wegen der Vorbereitung eines terroristischen Anschlags, sondern hatte vor dem Landgericht Gießen im September 2019 lediglich einen Prozess wegen des illegalen Besitzes der Waffen. Der Prozess gegen Mathias Fl. endete nach zwei Verhandlungstagen mit einer Bewährungsstrafe von drei Jahren und einer Zahlung von 2.500€ an eine Initiative für Geflüchtete.
Maximilian Tischer – Vom Terrorverdächtigen zum AfD-Politiker
Ebenfalls zeitweise in Untersuchungshaft saß Maximilian Tischer. Die Familie Tischer stammt aus Sachsen-Anhalt. Als Maximilian Tischer noch ein Kind war, zogen sie nahe Seilgenstadt in den Kreis Offenbach. Der Vater ist heute einer der Köpfe des Vereins „Deutsch-Russisches Friedenswerk“ und gilt als aktiv in der sogenannten „Reichsbürgerszene“. Maximilian Tischer ist wie Albrecht Oberleutnant der Bundeswehr, nahm gemeinsam mit diesem an Offizierslehrgängen teil und war wie dieser bei der Deutsch-Französischen Brigade in Illkirch stationiert. Bei einer Schießübung, bei der auch Tischer teilnahm, soll laut LSA Rechtsaußen einmal eine Pistole verschwunden sein. In Untersuchungshaft kam Tischer, weil mehrere Aspekte auf eine Involvierung in Albrechts mögliche Terrorpläne hindeuteten: Tischer war mit Albrecht am Flughafen, als dieser nach dem „Ball der Offiziere“ in Wien die Pistole auf der Toilette versteckte. Mindestens einmal entschuldigte er laut Ermittler*innen Albrecht Anfang 2016 mit einer vermeintlichen Autopanne, als dieser aufgrund seiner Doppelidentität als Geflüchteter nicht rechtzeitig zu seinem Dienst bei der Bundeswehr erschien. Außerdem wurden in Tischers Wohnung in Straßburg Namenslisten gefunden, die als mögliche Feindeslisten im Prozess diskutiert werden. Darauf finden sich Namen und zum Teil Adressen von Politiker*innen wie Joachim Gauck, Heiko Maas und Anne Helm, aber auch Institutionen wie die Rote Hilfe und das Zentrum für politische Schönheit. Auf einem zweiten Blatt unter der Überschrift „FFM“ stehen ein Mitarbeiter von Pro Asyl und der Admin-Name einer seit mehreren Jahren inaktiven Antifa-Website aus Frankfurt. Kategorisiert sind diese Namen und Institutionen in den Gruppen A bis D.
Nach den Funden kam auch Tischer in Untersuchungshaft, jedoch nur für etwa zwei Monate. Danach wurde er wieder entlassen weil der Bundesgerichtshof der Meinung war, es lägen nicht ausreichend Gründe vor, ihn wegen Mittäterschaft oder Beihilfe anzuklagen. Tischers Karriere schadete die U-Haft nicht: Ende 2017 stellte er einen Antrag auf Freistellung bei der Bundeswehr, um als persönlicher Referent für den hessischen AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Nolte zu arbeiten – während die Ermittlungen wegen einer möglichen Beteiligung an der Planung zur Ermordung von Politiker*innen gegen ihn formal noch liefen. Ein Hausausweis des Bundestags wurde ihm zuerst noch aufgrund der noch laufenden Ermittlungen versagt, später jedoch – als die Ermittlungen eingestellt wurden – ausgestellt. Auch innerparteilich machte Tischer Karriere: Ende 2019 wurde er als Schatzmeister in den Vorstand der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ in Sachsen-Anhalt gewählt. Im Landtag Sachsen-Anhalt sitzt er zudem als Mitarbeiter im Ausschuss für Außen- und Sicherheitspolitik.
Bei seinem kurzen Auftritt im Prozess gegen Franco A. berief sich Tischer auf sein Aussageverweigerungsrecht und Erinnerungslücken. Dort gab an, seit längerem auch keinen Kontakt mehr zu Albrecht zu haben. Dies scheint ungewöhnlich, da Albrecht seit mehreren Jahren mit Tischers Schwester liiert ist und gemeinsam mit ihr wohnt. Sie studiert wie Albrecht an der Goethe Universität Frankfurt. Daneben betreibt sie scheinbar gemeinsam mit ihrem Bruder Maximilian seit mehreren Jahren ein Modeversandunternehmen. Zumindest posierten beide vor einigen Jahren gemeinsam auf Promobildern des Versandhändlers. In Homestorys gegenüber Medien wurde von Albrecht und seiner Partnerin auf deren Mitgliedschaft in der Linkspartei hingewiesen. Mitglied wurde sie dort erst im Februar 2017 – wenige Tage, nachdem Albrecht in Wien das erste Mal festgenommen wurde.
Maurice R. – Frankfurter Exsoldat in Wien
Ein weiterer aus dem Rhein-Main-Gebiet stammender Soldat in dem Komplex ist der 1992 in Frankfurt geborene und aufgewachsene Maurice R. Dieser ist Leutnant der Bundeswehr und studierte Psychologie an der Sigmund-Freud-Universität in Wien. Maurice R. lud Albrecht, seine Partnerin, Maximilian Tischer und einen weiteren Soldaten, der aber nicht mitkam, 2017 zum „Ball der Offiziere“ nach Wien ein. Bereits ein Jahr zuvor hatte Maurice R. an dem Ball teilgenommen und sich in einer Bundeswehrzeitung enthusiastisch über den Ball geäußert. In einer gemeinsamen WhatsApp-Gruppe tauschten sie Bilder vom Ballabend von sich aus. Doch am Tag seiner Abreise postete Albrecht auf einmal ein ganz anderes Foto: Ein Foto jener Flughafentoilette, wo er die Pistole versteckte, und dazu ein Video, wie sie im Terminal zu finden sei. Doch anstatt verwunderte Reaktionen zu erhalten, warum statt Bildern in schicken Klamotten auf einmal das Bild einer Toilette geteilt wird, reagierte niemand aus der Gruppe – außer Maurice R., der das Bild mit einem lachenden Smiley kommentierte. Dieser Chatverlauf wirft die Frage auf, ob Tischer und insbesondere Maurice R. nicht doch frühzeitig von der am Flughafen versteckten illegalen Pistole wussten.
Josef Georg Reif – Schießübungen mit AfD-Kandidat
Und noch ein Soldat aus Hessen hatte Verbindungen zu Albrecht: Der 1987 in Weilburg geborene Josef-Georg Reif ist in Schwarzenborn stationiert und kennt Albrecht ebenfalls von der Offiziersausbildung. Bei den Kommunalwahlen im März 2021 kandidierte er für die AfD für den Kreistag in Limburg-Weilburg. Er und seine Partei bekamen jedoch nicht ausreichend Stimmen sodass er nicht in das Parlament einzog.
Zeitweise wurde er von der Bundesanwaltschaft als Mitverdächtiger geführt. Mit Albrecht tauschte er sich über illegale Waffen in Albrechts Besitz und Munition hierfür aus. Albrecht schrieb Reif in Chats: „Die große und die kleine haben mächtig Hunger“. Reif bestätigte gegenüber der Polizei, dass es sich dabei um Codes für Munition für ein Sturmgewehr G3 und eine weitere Pistole handelte, die Albrecht illegal besaß. Im April 2016 nahmen beide an gemeinsamen Schießübungen damit im Westerwald teil.
Auch die Räume von Reif wurden durchsucht. Dabei wurden mehrere kleinere Sprengkörper bzw. Sprengsimulatoren gefunden, die Reif illegal besaß. Einen Strafbefehl über 120 Tagessätze lehnte er ab, weshalb er wegen des illegalen Besitzes nun angeklagt ist.
Uniter und Prepper-Chatgruppe „Süd“
Während der Ermittlungen gegen Franco Albrecht wurde einige Monate später durch Recherchen u.a. der taz ein breites rechtes Netzwerk inner- und außerhalb der Bundeswehr bekannt, das oft unter dem Namen „Hannibal Netzwerk“ auftaucht. In den vom Gründer des Vereins Uniter und KSK-Elitesoldaten Ande S. alias Hannibal administrierten Prepper-Chatgruppen tauschten sich mehrheitlich SoldatInnen, PolizistInnen und Mitglieder privater Sicherheitsdienste aus, wie sich am besten auf einen kommenden „Tag X“ vorzubereiten sei. Sie tauschten Nachrichten über „Safe-Houses“ und mit rechten Inhalten aus und organisierten gemeinsame Schießtrainings. Die Aufteilung der Chatgruppen lief dabei parallel zu der Aufteilung des Vereins Uniter: Nord-, Süd-, West-, und Ostdeutschland hatten je eine Gruppe für rechte „Prepper“ aus der Region, dazu noch je eine für Österreich und die Schweiz. Besonders bekannt ist die Gruppe „Nordkreuz“, deren Mitglieder Feindeslisten führten, Waffen und Leichensäcke horteten.
Während Maximilian Tischer Mitglied der Chatgruppe „Ost“ gewesen sein soll, war Albrecht Mitglied der Chatgruppe „Süd“. Ein anderer Soldat, den er auf einem Sportlehrgang kennen lernte, hätte ihn hier Ende 2015 / Anfang 2016 aufgenommen. Den Namen des Soldaten wollte Albrecht in Anwesenheit von Medien nicht nennen. In der Gruppe Süd tauschte er sich mit anderen über durch Migration verursachteBürgerkriegsszenarien, aus. Mindestens zweimal nahm Albrecht auch an persönlichen Treffen der Chatgruppe teil. Eines soll ein Schießtraining gewesen sein, das andere ein Treffen bei Andre S. zuhause. Auf den Treffen habe Albrecht andere Mitglieder der Preppergruppe nach der Möglichkeit der legalen Bewaffnung befragt. Ein Polizist habe ihm Sportbögen empfohlen, über die er sich dann mit Mathias Fl. austauschte.
Neben der Mitgliedschaft in der Chatgruppe soll Albrecht zwar nicht Mitglied im Verein Uniter gewesen sein. Jedoch sollen bei ihm Patches des Vereins gefunden worden sein, die auf eine Anbindung rückschließen.
Der bayrische Waffenhändler Rainer He.
Für die Chatgruppe „Süd“ warb Albrecht zudem eine weitere Person an: Im April 2016 besuchte er Rainer He., der gemeinsam mit einem Partner im bayrischen Vohenstrauß einen Waffenladen betreibt und viel über eine Onlinebörse für Waffen verkauft. Ihm kaufte Albrecht eine Montageschiene für ein Zielfernrohr ab, um es auf seinem illegalen G3 Gewehr zu befestigen. Das Gewehr wurde wie eine weitere Pistole bis heute nicht gefunden. Albrecht räumte zwar den Besitz ein, will jedoch nicht sagen, wo sich dieses aktuell befindet. Im darauf folgenden Juli traf er sich ein zweites Mal mit Rainer He. und schoss gemeinsam mit diesem als dessen Gast auf dem örtlichen Schießstand. Im Zuge ihrer Treffen warb Albrecht He. auch für die Chatgruppe „Süd“ an, der He. dann beitrat.
Auf seiner Facebook-Seite macht Rainer He. keinen großen Hehl aus seiner politischen Haltung: Neben allerlei Bildern von großkalibrigen Waffen findet sich das für Rechte aktuell übliche Potpourri: Geteilte Beiträge der AfD und der Zeitung „Junge Freiheit“, Bilder eines Kreuzritters und das Wappen des deutschen Kaiserreichs, sowie die Forderung, Angela Merkel vor ein Tribunal zu stellen.
Die Ermittlungen gegen Franco Albrecht sind nicht das einzige Verfahren wegen dem Verdacht auf rechten Terror, wo der Name von Rainer He. auftaucht: Auch Markus H., der neben Stephan Ernst mitangeklagt war, den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke 2019 ermordet zu haben, kaufte über die Onlinebörse bei ihm ein. Er wurde vom selben Senat, vor dem nun Franco Albrecht angeklagt ist, freigesprochen, weil aus Sicht des Senats keine ausreichenden Beweise vorlagen. Ein direkter Zusammenhang zwischen H und Albrecht ist jedoch nicht ersichtlich: He. und sein Partner sind sehr umtriebig auf der Onlinebörse für Waffen, ihr Profil hat über 700 Bewertungen. So zeigt sich hier, wie leicht es für Neonazis ist, an Waffen zu gelangen.
Von großem Vorteil war die Bekanntschaft zu He. für Albrecht im Weiteren jedoch nicht: Laut der Aussage eines BKA-Beamten habe sich He. nach Medienberichten über die Verhaftung Albrechts selbstständig bei der Polizei gemeldet und über den Besitz von Albrechts zwei weiteren Waffen berichtet.
Alte rechte Netzwerke in Bayern
Laut Recherchen des Bayrischen Rundfunks (BR) knüpfte Albrecht Kontakte in weitere extrem rechte Netzwerke über die Bundeswehr hinaus: Im Oktober 2016 soll er an einem Treffen des „Jagsthausener Kreis“ im bayrischen Freilassing teilgenommen haben. Beim „Jagsthausener Kreis“ handelt es sich um ein seit Jahrzehnten bestehendes ultrarechtes loses Netzwerk. Bei den Veranstaltungen kommen rechte Militärs, Beamte, Wirtschaftsführer und Mitarbeiter von Geheimdiensten zusammen. Laut BR seien an jenem Treffen, an dem auch Albrecht teilnahm, Politiker von FPÖ und AfD zugegen.
Einige Wochen darauf, im Dezember 2016, hielt Albrecht einen Vortrag auf einer weiteren Veranstaltung von extrem rechten Kreisen in Bayern: Auf eine Einladung hin hielt er beim „Preußen Abend“ im Hotel Regent in München einen Vortrag. Auch diese Organisation existiert bereits seit Jahrzehnten. Auch hier gehen die Einladungen an rechte Militärs, Neonazis, AfD-PolitkerInnen und Funktionäre von Vertriebenenverbänden. In seinem Vortrag habe Albrecht, zumindest laut seinem Redemanuskript, dabei zum bewaffneten Kampf gegen „das System“ aufgerufen und bekannt, Rassist und Antisemit zu sein.
„Jagsthausener Kreis“ und „Preußen Abend“ sind seit Jahrzehnten bestehende rechte Strukturen, bei denen nicht nur Neonazis sondern mitunter Politiker, Geheimdienstler und hochrangige Militärs sich treffen. Wer führte den Oberleutnant Albrecht in diese Kreise ein, sodass er dort sogar eine Rede halten konnte?
Unangekündigte Besuche
Neben Albrechts direktem Umfeld und seinen Auftritten bei rechten Veranstaltungen suchte er auch immer wieder den Kontakt zu Autoren und Thinktanks, denen er politisch nahe stand. Seine Spezialität schienen unangekündigte Besuche in Büros oder bei Autoren Zuhause zu sein, wie er im Prozess angab. So besuchte er beispielsweise mehrfach David Icke auf der britischen Isle of Wight um mit diesem ins Gespräch zu kommen, zweimal erfolgreich laut Albrecht. Bei Icke handele es sich um jemanden, „der ganz wilde Theorien in alle Richtungen“ habe, so Albrecht im Prozess. „Wild“ ist dabei maßlos untertrieben und in welche Richtung Ickes Theorien gehen, ist eindeutig: Bei David Icke handelt es sich um einen Guru der Verschwörungsideologen. Er gilt als Erfinder der „Echsenmenschen“-Theorie, nach der die Welt beherrscht werde von reptiloiden Wesen in Menschengestalt. Ickes augenscheinlich abstruse Erzählungen werden als antisemitische Chiffre kritisiert, die er mit anderen antisemitischen Narrativen anreichert. In Deutschland und Australien wurden Veranstaltungen mit ihm wegen der Leugnung des Holocausts im Vorfeld untersagt.
Doch auch Rechte, die nicht ganz so offenkundig abstrus auftreten, kontaktierte Albrecht. In Paris besuchte er unangekündigt 2016 das Büro des „Institut de Demokratie et de la Cooperation“. Hinter dem unscheinbaren Namen verbirgt sich ein Thinktank des russischen Staates, der in Europa insbesondere Kontakte zur extremen Rechten pflegt. Der Thinktank organisiert beispielsweise seit 2012 gemeinsam mit dem Compact-Magazin Veranstaltungen unter dem Label „Souveränitätskonferenzen“. Dort sprach auch mehrfach die Direktorin des Pariser „Instituts“. Diese wollte Albrecht sprechen als er in Paris war, wurde jedoch abgewiesen.
Der Überblick über das Umfeld von Franco Albrecht zeigt, wie viele Fragen nach einer möglichen Unterstützung durch andere Personen noch offen sind. Albrecht bewegte sich in extrem rechten Kreisen, hatte Kontakt zu Soldaten und Waffenhändlern, die seine extrem rechte Ideologie teilten und sich auf einen „Tag X“ vorbereiteten. Seine Tarnidentität als Geflüchteter und das Ansammeln von Waffen wäre ohne die Handlungen weiterer Menschen wohl nicht möglich gewesen. Dass Albrecht ganz alleine von den Terrorplänen gewusst haben soll, die ihm vorgeworfen werden, erscheint daher zumindest zweifelhaft. Und auch die Frage, ob Geheimdienste wie der Militärische Abschirmdienst (MAD) nicht doch etwas davon mitbekamen, wenn vor ihren Augen sich rechte Netzwerke in der Bundeswehr bildeten und Munition verschwand, ist offen. Der Gerichtsprozess in Frankfurt wird hierauf keine abschließenden Antworten geben. So hängt es wieder einmal von einer kritischen Öffentlichkeit ab, ob diese Fragen beantwortet werden oder nicht.